Iron Man [2008]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Oktober 2008
Genre: Action

Originaltitel: Iron Man
Laufzeit: 126 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jon Favreau
Musik: Ramin Djawadi
Darsteller: Robert Downey Jr., Terrence Howard, Jeff Bridges, Gwyneth Paltrow, Leslie Bibb, Shaun Toub, Faran Tahir, Sayed Badreya, Bill Smitrovich, Clark Gregg, Tim Guinee


Kurzinhalt:
Tony Stark (Robert Downey Jr.) hat trotz seines Berufes noch nie eine schlaflose Nacht verbracht. Dabei zählt seine Firma zu den erfolgreichsten der Waffenindustrie. Dass sich das reiche Wunderkind außerdem wie ein verwöhnter Playboy gibt, hat ihm nicht nur in der Öffentlichkeit viele Feinde macht. Auch in den eigenen Kreise scheinen ihm nicht alle wohlgesonnen.
So wird sein Konvoi nach einer erfolgreichen Waffendemonstration in Afghanistan überfallen, Stark selbst schwer verletzt und gefangen genommen. Seine Kidnapper, unter der Führung von Raza (Faran Tahir) verlangen, dass Stark sein jüngstes Raketenmodell für sie nachbaut. Genügend seiner anderen Waffen haben sie bereits erworben. Im Geheimen baut er jedoch eine besondere Rüstung, mit deren Hilfe ihm die Flucht gelingt. Zurück in der Öffentlichkeit verwundert seine neue Haltung, nämlich statt Waffen zu produzieren die Menschen zu beschützen, nicht nur seinen Freund Colonel James Rhodes (Terrence Howard) oder seinen Geschäftspartner Obadiah Stane (Jeff Bridges), der bereits mit Starks Vater zusammengearbeitet hatte.
Auch Tonys Assistentin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) kann kaum glauben, wie vehement sich Stark nun für den Schutz der Menschen engagiert. Er baut sogar eine verbesserte Version seiner Rüstung und macht sich damit selbst auf Verbrecherjagd. Doch dann entdeckt Pepper, dass Tonys Entführung kein Zufall war, und wer ihm schaden wollte, sieht in der neuen Orientierung von "Stark Industries" erst recht einen Grund, Tony zu töten ...


Kritik:
Seit beinahe 10 Jahren schon kursieren in Hollywood Aufträge, den Iron Man auf die Leinwand zu bringen. Von Quentin Tarantino, über Joss Whedon bis hin zu Nick Cassavetes waren schon einige Regisseure im Gespräch. Jon Favreau wurde erst vor zwei Jahren ins Boot geholt und als er mit den Dreharbeiten begann, war das Drehbuch noch nicht einmal fertig gestellt. Viele Dialoge sind erst am Set entstanden und auch in Bezug auf den Bösewicht, die Handlung des Films und Hauptfigur Tony Stark selbst gab es im Verlauf der Dreharbeiten viele Änderungen.
Zum Glück sieht man diesen Hintergrund Iron Man nicht an, ganz im Gegenteil. Das Drehbuch vermag an sich von der ersten Minute an zu überzeugen, auch wenn der Bösewicht selbst eher schwach ausgefallen ist. Und die Gespräche im Film wirken erfrischend natürlich und ungezwungen – von den gut gelaunten Darstellern einmal ganz abgesehen. Herausgekommen ist ein Comic-Film ohne die übersinnlichen Elemente, dessen Geschichte gerade heute den Zahn der Zeit trifft und sich dabei doch gegen die größten Nationen und erfolgreichsten der Welt stellt.

Wie viel Geld jedes Jahr mit dem Waffenhandel verdient wird, lässt sich nicht einmal erahnen. Rechtfertigungen, weswegen an alle Interessenten verkauft wird, die über genügend finanzielle Mittel verfügen, finden die Verantwortlichen zuhauf. Ihren Ursprung haben die Firmen dabei nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Dass aber ein eben solches Verhalten in einem amerikanischen Sommerfilm thematisiert wird, überrascht schon insofern, als dass der realistisch beschriebene Hintergrund mit dem Krieg in Afghanistan durchaus empfindliche Nerven trifft. Gerade deswegen sollte man die vier Autoren loben, immerhin gelang es ihnen, mit erhobenem Zeigefinger, aber ohne eine moralinsaure Botschaft ein Thema miteinzuweben, das nicht nur wichtig, sondern leider auch zeitlos aktuell ist.
Die eigentliche Entstehung des Iron Man verkommt dabei beinahe schon zur Nebenhandlung, auch wenn es Hauptfigur Tony Stark dem Zuschauer sehr einfach macht, einen Bezug zum Film zu finden. Denn so sprunghaft und ungezügelt sein Temperament erscheint, so nachvollziehbar ist doch die Wandlung in ihm angesichts dessen, was sein Lebenswerk verursacht und was sein Vermächtnis sein wird. Dank spritziger, authentischer Dialoge, einem hohen Erzähltempo und sympathischer Figuren übersieht man auch gern die Ungereimtheiten im Skript. Von der wunderlichen Technik hinter der Iron Man-Rüstung ganz zu schweigen.
Doch trotz des Ambientes bewahrt sich die Vorlage immer einen realistischen Bezug, mischt Realismus mit Fantastischem auf eine gekonnte Art und Weise, so dass man selbst bei abwegigen Situationen mit einem Schmunzeln, statt einem Stirnrunzeln davon kommt.
Das Drehbuch zu Iron Man zählt dabei zwar nicht zu den besten des Genres, aber immerhin zu den am durchgängigsten erzählten. Einzig der Aufbau eines ansprechenden Bösewichts scheinen die Autoren vergessen zu haben, weswegen der Iron Monger nicht nur erst sehr spät präsentiert wird, sondern in dem Sinne auch nie bedrohlich wirkt – immerhin stellt er auch in erster Linie eine Gefahr für Tony Stark dar. Unschuldige, unbeteiligte Menschen scheinen von ihm an sich nicht in Bedrängnis gebracht zu werden.

Einer der größten Pluspunkte des Films ist unbestritten Hauptdarsteller Robert Downey Jr., dem man eine solche nicht ohne weiteres zugetraut hätte. Vielleicht ist aber genau das der Grund, weswegen ihm der Wandel vom verantwortungslosen, verzogenen und unliebsamen Wunderkind hin zum von menschlichen Makeln zerfurchten Superhelden so gut gelingt. Ihm zuzusehen ist nicht nur eine Freude, sondern dank der süffisanten Witze und der vielen augenzwinkernden Momente ein regelrechtes Erlebnis.
Diesbezüglich scheint Terrence Howard beinahe unterfordert, der im nächsten Film vielleicht mehr mit eingebunden sein wird. Immerhin wird laut Comic aus seiner Figur eines Tages "War Machine" - ein Wandel, der mit seinem Kommentar "nächstes Mal, Baby" bereits angekündigt wird. Auch er macht seine Sache gut, steht aber in den gemeinsamen Szenen ohne Frage im Schatten von Downey Jr., der selbst Jeff Bridges in manchen Momenten die Show stiehlt.
Allenfalls in denjenigen Szenen, die er allein bestreiten darf, demonstriert Bridges gekonnt, dass er auch ohne Haare (einer seiner lang gehegten Wünsche) und mit Vollbart mehr als Furcht einflößend sein kann. Doch hätte man sich für seine Figur eine längere Entwicklung gewünscht, anstatt all dies bereits im ersten Iron Man-Film abzuhandeln.
Gwyneth Paltrow rundet eine prominente und äußerst engagierte Besetzung ab, die eindrucksvoll beweist, dass es nicht immer oscarreifer Skripte bedarf, um den Akteuren gute Leistungen abzuverlangen. Auch sie macht ihre Sache sehr gut und lässt keine Wünsche offen. Dass sie so viel zu sehen ist, erstaunt im ersten Moment, doch scheint sie auch die einzige zu sein, die Robert Downey Jr. mühelos gewachsen ist.
Der übrige Cast mag zwar weit weniger bekannte Namen beinhalten, doch durch Darsteller wie Faran Tahir vermögen auch die übrigen Beteiligten ihre Rollen ohne Mühen zu bewältigen. Mehr kann man sich eigentlich für einen Sommerfilm nicht wünschen.

Handwerklich gibt sich Regisseur Jon Favreau keine Blöße, sondern präsentiert seine Superheldenmär in schicken, temporeichen Bildern, die auch in den ruhigeren Momenten durch wohl überlegte Perspektiven und ausgesuchte Bildkompositionen überzeugen. Selbst bei den Dialogszenen scheint er Schnitt immer an der richtigen Stelle zu erfolgen und keine Szene unnötig lang oder im Film fehlplatziert.
Die Actionsequenzen sind allesamt gut aufgebaut und mitreißend umgesetzt, wobei die Verfolgungsjagd mit den Kampfflugzeugen ohne Zweifel zum Höhepunkt des Films gehört. Allenfalls das Finale fällt hier zurück und entpuppt sich durch unnahbare Beteiligte und Gefahren, die so schnell entstehen, dass man sich gar nicht darauf einstellen kann, als überraschend blutleer und spannungsarm.
Durchweg erstklassig sind die Spezialeffekte ausgefallen, die nicht von ungefähr stellenweise an Transformers [2007] erinnern. Verantwortlich war auch hierfür die Effekteschmiede ILM, denen die Flugsequenzen ebenso gelungen sind wie die Montagen um den Bau der Blechrüstung. So präsentiert sich Iron Man tadellos gut gemacht und kommt insbesondere auf hochauflösenden Medien am besten zum Einsatz. Wer über eine entsprechende Tonanlage verfügt kann sich außerdem auf einen entsprechenden Klang beim Heimkinoabend einstellen. Und dieser ist gerade bei der erschienenen, mit einem problematischen Menü behafteten Blu-ray außergewöhnlich gut gelungen.

So temperamentvoll und sprunghaft wie Hauptfigur Tony Stark ist auch der Score des in Duisburg geborenen Ramin Djawadi gelungen, der auf Geheiß von Regisseur Favreau sehr viel Gebrauch der E-Gitarre macht.
Der deutsch-iranische Komponist, der öfter mit Hans Zimmer zusammengearbeitet hat, wurde für seine Kompositionen bei der Fernsehserie Prison Break [seit 2005] bereits für einen Emmy nominiert und war bereits in einigen Filmen und Fernsehproduktionen zu hören. Er leistet hier gute Arbeit, präsentiert sehr eingängige, rhythmische und rockige Themen, die auch gut zu den Figuren passen. Auch die ruhigen Momente werden diesbezüglich nicht vernachlässigt, sondern verleihen dem Film eine durchweg gelungene Atmosphäre, zu der auch der orchestrale Score seinen Teil dazu beiträgt.

So ist den Machern insgesamt ein wirklich guter Einstand im Iron Man-Universum geglückt, der dank der soliden Figuren, der sympathischen Darsteller und der unverkrampften Geschichte schnell in Fahrt kommt und durchweg bis zum Schluss unterhält. Allenfalls der Widersacher des frisch gebackenen Helden scheint unterdimensioniert, was jedoch nicht an einer mangelhaften Auswahl an Kandidaten gelegen hätte.
Vielmehr weist das Drehbuch gerade hierbei erhebliche Mängel auf. Da diese jedoch erst im letzten Drittel zum Tragen kommen, kann man die ersten eineinhalb Stunden ohne Nebenwirkungen, aber mit einem geringen Anspruch durchweg genießen. Fans des Comic und diejenigen, die wissen möchten, worauf dieses Comicheld zusteuert, sollten auch nach dem Abspann sitzen bleiben. Es folgt ein für Fans sehr interessanter und verheißungsvoller Cameoauftritt.


Fazit:
Auch wenn man es Regisseur Jon Favreau womöglich nicht zugetraut hätte, mit Iron Man, einem Projekt, das vor ihm bereits öfter in Angriff genommen wurde, aber nie zu einem Abschluss kam, gelang ihm ein durchgängig solide inszenierter, trotz des an sich schweren Themas leichtfüßig erzählter Comic-Film, der hauptsächlich von seinen Darstellern und den erstklassigen Spezialeffekten lebt.
Das mag weder X-Men, noch der Batman-Wiederauferstehung das Wasser reichen können, aber es recht allemal für einen unterhaltsamen Filmabend, der nie langweilig wird und trotz einiger haarsträubender Momente für den aufmerksamen Zuschauer immer ein wenig anspruchsvoll bleibt. Denn die Kritik an der Waffenlobby und unserer waffenstarrenden Gesellschaft scheint insbesondere angesichts des Herkunftslandes sehr gewagt, doch der Erfolg gibt Iron Man recht. Und man darf gespannt sein, was sich die Macher für die fest geplante Fortsetzung werden einfallen lassen.