Harry Potter und der Halbblutprinz [2009]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. Juli 2009
Genre: Fantasy / Action / Drama

Originaltitel: Harry Potter and the Half-Blood Prince
Laufzeit: 153 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: David Yates
Musik: Nicholas Hooper
Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Michael Gambon, Bonnie Wright, Alan Rickman, Jim Broadbent, Geraldine Somerville, Julie Walters, Helena Bonham Carter, Helen McCrory, Timothy Spall, Oliver Phelps, James Phelps, Tom Felton, Alfie Enoch, Evanna Lynch, Robbie Coltrane, Matthew Lewis, William Melling, Georgina Leonidas, Maggie Smith, David Thewlis, Natalia Tena


Kurzinhalt:
Nach seinem tragischen Verlust am Ende des letzten Schuljahres wird Harry Potter (Daniel Radcliffe) von Professor Dumbledore (Michael Gambon) selbst aus den Sommerferien abgeholt. Bei einem Umweg wird Harry dem ehemaligen und zukünftigen Hogwarts-Lehrer Slughorn (Jim Broadbent) vorgestellt. Überall ist die Furcht vor Voldemorts Todessern groß, die auch in der Welt der normalen Menschen für Angst und Schrecken sorgen. Als Harry seinen Freunden Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) davon erzählt, wie er lauschte, als Draco Malfoy (Tom Felton), dessen Eltern zu den Todessern gehören, von einem geheimen Auftrag berichtet, den er in Hogwarts ausführen muss, glauben ihm seine Freunde nicht.
Während einige Schüler von Hogwarts ihre Gefühle füreinander entdecken, wird Harry unterdessen von Dumbledore weiter auf seine unausweichliche Konfrontation mit Voldemort vorbereitet: er hat über die Jahre Erinnerungen an Zusammentreffen gesammelt, die Menschen mit dem jungen Voldemort, damals noch bekannt als Tom Riddle, verbinden. Eine Erinnerung von Professor Slughorn könnte dabei einen wichtigen Hinweis enthalten, ohne den Harry die nächste Konfrontation mit Voldemort nicht gewinnen könnte ...


Kritik:
Bereits seit Harry Potter und der Stein der Weisen [2001] ist offensichtlich, worauf die Zauberer-Saga hinausläuft: Harry Potter wird sich Lord Voldemort stellen müssen, wenn er ihn besiegen und seine erneut aufkeimende Schreckensherrschaft beenden will. Hierfür ruht das Schicksal der gesamten Zaubererwelt auf seinen Schultern und wie inzwischen bekannt sein dürfte, auch das der ganzen normalen Menschen, der Muggel.
Seit immerhin acht Jahren werden Kinogänger somit auf einen Endkampf vorbereitet, der zwar bereits angedeutet wurde, aber nie vollends entfacht ist. In Harry Potter und der Halbblutprinz kommt Voldemort selbst gar nur in einer kurzen Vision vor und spielt davon abgesehen gar keine Rolle. Stattdessen stehen – und das war im Vorfeld lange genug zu hören – die Hormone im Mittelpunkt. Harry, Ron und Hermine entdecken ihre Zuneigung einerseits füreinander und dann für andere Schüler(innen) an Hogwarts. Professor Dumbledore geht unangekündigt auf undurchsichtige Reisen und die erneut erstarkten Todesser lehren die Zauberer das Fürchten, während Draco Malfoy irgendetwas in Hogwarts plant. Als Zuseher wohnt man dem Ganzen bei und wartet ständig darauf, dass etwas passiert. Doch spätestens, wenn der Abspann zu sehen ist, wird einem klar, auf das Finale wird man noch zwei Filme warten müssen, denn der siebte (und letzte) Roman wurde auf zwei Filme ausgedehnt.

Regisseur David Yates nimmt sich die Zeit, seinen Figuren viele charmante Momente zu bieten und auch den Humor nicht zu kurz kommen zu lassen. Dass sich angesichts der Liebesduselei die Witze allerdings ständig wiederholen, scheint er nicht zu bemerken. Die Vielzahl an bekannten Figuren, und es sind immerhin mehr als zwei Dutzend, die aus den vorherigen Filmen schon vertraut sind, macht es ihm dabei aber nicht leicht, alle unter einen Hut zu bringen. Die Professorenriege beispielsweise scheint bis auf Dumbledore, Snape und den neu eingeführten Slughorn zur Staffage verkommen zu sein und auch sympathische Nebenfiguren wie Neville Longbottom oder Hagrid haben nichts zu tun.
Die Magie, welche Hogwarts bislang zu einer so interessanten und fantasievollen Schule gemacht hat, scheint überdies der Wirtschaftskrise zum Opfer gefallen zu sein. Zwar gibt es noch die durchsichtige Decke zu sehen, doch von den Geistern, sich bewegenden Bildern oder sich selbst vorlesenden Briefen, von sich selbst schreibenden Schulheften oder launischen Portalsbewachern der einzelnen Schülertürme ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen sorgen bloße Zauberstabfuchtelei und das Daherrufen von bekannten Zaubersprüchen für ein Gefühl, als hätte man alle Konfrontationen in den bisherigen Filmen schon einmal gesehen – nur besser. Die Untersuchungen, wer der Halbblutprinz denn ist, die in der Romanvorlage immerhin dafür sorgten, dass der Titel der Geschichte gerecht wurde, sind hier großteils zusammengestrichen worden. Und wäre es nicht um den Ausschnitt eines Quidditchspiels, dessen Anfang und Ende man nicht zu sehen bekommt, und um eine Actionszene im Zufluchtsort der Weasleys, die eigens für den Film geschrieben wurde, dann gäbe es in den zweieinhalb Stunden bis auf die Odyssee Potters und Dumbledores keinen einzigen Actionhöhepunkt.
Gemacht ist das Fantasyabenteuer dabei vom ersten Moment an auf einem Niveau, wie man es von einer Filmreihe, die bis dato 4,5 Milliarden Dollar weltweit eingespielt hat, erwarten würde. Von Yates in düstere, unheilvolle Bilder gekleidet, die trotz der unterschiedlichen Farbgebung allesamt stimmig wirken, überzeugen die nahtlos eingebrachten Spezialeffekte ebenso wie die Bauten und die einfallsreichen Kostüme. Auch die musikalische Untermalung von Nicholas Hooper, der seine eigenen und die Themen von John Williams erneut aufwärmt und abwandelt, trägt ihren Teil zum gelungenen Ambiente bei. Doch hat man bei der zusammengestückelten Geschichte, die sich in Episoden durch das Potter-Jahr hangelt nicht das Gefühl, als würde einen die spannende Story vorantreiben.

Die Darsteller gleichen das mit gut gelaunten Auftritten wieder aus, allen voran Daniel Radcliffe und Alan Rickman, die beide in ihren Rollen aufgehen. Sogar Rupert Grint überzeugt mit vielen lustigen Einlagen, während Emma Watson die traurige Position im Trio übernimmt. Nur ausgerechnet bei dem als Bösewicht vorbereiteten Tom Felton als Draco Malfoy endet die Erfolgslinie. Er wirkte in jüngeren Jahren weitaus bedrohlicher, als er sich hier gibt. Jim Broadbent spielt den neuesten Zugang in Hogwarts gekonnt und hinterlässt als Slughorn einen bleibenden Eindruck. Doch die vermeintlichen Schurkendamen Helena Bonham Carter als Bellatrix Lestrange und Helen McCrory als Narcissa Malfoy werden unterfordert und sorgen somit leider nur leidlich für Furcht einflößende Momente. Michael Gambon wird in seiner Darbietung als Dumbledore zusehends dem großen Gandalf aus Der Herr der Ringe ähnlicher, während beinahe alle anderen Darsteller nur untergeordnete Rollen spielen.
Doch kommen sie allesamt nicht gegen ein Drehbuch an, das die Unzulänglichkeiten der Romanvorlage nicht auszugleichen vermag. 20 Minuten länger als der vorhergehende Harry Potter und der Orden des Phönix [2007] zieht sich die Geschichte ohne nennenswerte Höhepunkte so lange hin, bis man beinahe vergessen hat, dass der Showdown erst in den kommenden Filmen zu erwarten ist. Das Finale des Romans in Hogwarts wurde immerhin genau aus diesem Grunde aus dem Drehbuch gestrichen: man wollte es im übernächsten Film nicht wiederholen. All das ist dank der Figuren unterhaltsam. Doch wer erwartet hat, dass die Auseinandersetzungen zwischen Harry Potter und Lord Voldemort und seinen Anhängern endlich vorankommen, der wird mit einem "Fortsetzung folgt" abgespeist.


Fazit:
Sicher, dass die Geschichte umhermäandriert, ohne wirklich je Fuß zu fassen oder durch packende Momente zu überzeugen, daran werden sich aufmerksame Leser bereits aus dem Buch erinnern. Ohne Frage ist es schön zu sehen, dass Harry endlich dahinterkommt, wie er Voldemort beizukommen vermag. Nur bis es in Harry Potter und der Halbblutprinz soweit ist, sind zwei Drittel des Films bereits vergangen. Darin darf man mit ansehen, wie die Figuren älter werden, wie sie sich verlieben – und gar nicht zu bemerken scheinen, dass die Welt wie sie sie kennen dem Untergang geweiht ist, wenn nicht endlich jemand handelt.
Die zweieinhalb Stunden des Fantasyabenteuers wirken trotz stimmungsvoller Bilder, trotz guter Besetzung und erstklassiger Schauwerte wie eine nicht enden wollende Vorbereitung auf die schicksalsträchtige Konfrontation zwischen Voldemort und Potter, auf die man seit Jahren wartet, und auf die man erneut vertröstet wird. Dass es auch Regisseur Yates nicht gelingt, den ohnehin ereignislosen sechsten Teil der Reihe aufzuwerten, oder gar das Ende eines der bekanntesten Figuren packender zu gestalten als in der Romanvorlage, enttäuscht. Da helfen auch Versprechungen nicht, man habe im Hinblick auf die kommenden beiden Filme "noch gar nichts gesehen", wie der Regisseur verlauten ließ. Gerade nach dem rasanten fünften Film war einfach mehr zu erwarten.