Harry Potter und der Gefangene von Askaban [2004]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. Juni 2004
Genre: Fantasy / Action

Originaltitel: Harry Potter and the Prisoner of Azkaban
Laufzeit: 142 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Alfonso Cuarón
Musik: John Williams
Darsteller: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, Gary Oldman, David Thewlis, Michael Gambon, Alan Rickman, Maggie Smith, Robbie Coltrane, Matthew Lewis, Tom Felton, Robert Hardy, Emma Thompson


Kurzinhalt:
Für Harry Potter (Daniel Radcliffe), Ron Weasley (Rupert Grint) und Hermine Granger (Emma Watson) startet ein neues Schuljahr an Hogwarts.
Doch der Unterrichtsbeginn wird überschattet von einem Gefangenenausbruch aus dem Zauberergefängnis Askaban: Sirius Black (Gary Oldman) ist geflohen, und wie Harry erfährt soll er dafür verantwortlich gewesen sein, dass seine Eltern Lord Voldemort zum Opfer fielen.
Schlimmer noch, Black wurde angeblich mittlerweile auch in Hogwarts gesehen und soll an Harry seine schreckliche Tat vollenden wollen. Aus diesem Grund patroullieren die Wächter von Askaban, die Dementoren, in Hogwarts; aber sie können den Zauberschülern genauso gefährlich werden.
Mit Hilfe des neuen Lehrers Professor Lupin (David Thewlis) möchte sich Harry gegen die Dementoren und gegen Black wappnen, um dem Verräter seiner Eltern entgegentreten zu können, wenn es zur Konfrontation kommen sollte.
Was Harry nicht weiß: Sowohl Lupin, als auch Black und Professor Snape (Alan Rickman) verbindet mehr als nur die Bekanntschaft zu Harrys Eltern, und der wahre Verräter sitzt in den eigenen Reihen ...


Kritik:
Im Jahr 2001 begannen für das Studio Warner Bros. wahrhaft gute Jahre; sowohl in diesem, als auch ein Jahr später spülte das Duo Der Herr der Ringe [2001-2003] und Harry Potter Unmengen Geld in die lädierten Kassen. Der Höhepunkt kam 2003, als neben Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs [2003] – mit einem weltweiten Einspielergebnis von über einer Milliarde US-Dollar – die beiden Matrix [1999]-Fortsetzungen in den Kinos starteten. Wie viel Geld die Filme samt Merchandising machten, lässt sich kaum erahnen. Und dennoch hatte man sich auf das ganze Jahr bezogen mehr erhofft, denn aus dem geplanten Start von Harry Potter und der Gefangene von Askaban im November wurde leider vorerst nichts.
Drehverzögerungen, das rasche Heranwachsen der jungen Schauspieler und die Tatsache, dass man die noch minderjährigen Hauptdarsteller nicht ohne Pause durcharbeiten lassen konnte, machten dem einen Strich durch die Rechnung. Dafür wurde der dritte Teil der Magier-Reihe auf Frühsommer 2004 verschoben – und er erweist sich als Warners bislang größter Erfolg in diesem Jahr. Am ersten Wochenende spielte der Film in den USA fast 100 Millionen Dollar wieder ein, in Großbritannien über 45 Millionen und in Deutschland ebenfalls 15 Millionen Dollar. Diese Zahlen können sich durchaus sehen lassen, zumal die Konkurrenz mit Shrek 2 [2004] und The Day After Tomorrow [2004] alles andere als gering ist.
Zudem sind viele Zuschauer und Kritiker der Ansicht, Harry Potter und der Gefangene von Askaban wäre der beste der Reihe, actionlastiger und kurzweiliger – zum Großteil dank der Regie von Alfonso Cuarón, der hier für Chris Columbus (Regisseur der ersten beiden Teile) übernahm.
Das mag teilweise zutreffen – und doch auch wieder nicht. Denn während der dritte Band der Romanvorlage deutlich umfangreicher ist, als noch eins und zwei, gibt sich die filmische Umsetzung knapp 10 Minuten kürzer – dafür soll möglicherweise auf DVD irgendwann eine erweiterte Fassung erhältlich sein.
Dass den Produzenten die reduzierte Lauflänge demnach aufgefallen ist, ehrt sie, ändert an dem im Kino zu sehenden Film leider nichts mehr, der wirkt nämlich bisweilen arg zusammengekürzt und episodenhaft – letzteres zwar zweifellos ein Relikt der Romanvorlage von Autorin J.K. Rowling, nichtsdestotrotz ein Ärgernis, denn um das zu vermeiden, hätte es nur etwas Mut bedurft.

Obwohl die meisten jungen Leser das Manko der Romane nicht erfassen, erkennen viele Erwachsene, die sich mit den Werken beschäftigt haben, recht schnell, womit sich Rowling in jedem Band aufs Neue selbst die Möglichkeiten nimmt: Die größte Beschränkung der Erzählungen um den jungen Harry Potter in der Zaubererschule Hogwarts hat ihre Ursache in dem Zeitrahmen, den die Autorin für die Bücher vorsieht. So umspannt jeder Roman genau ein Jahr – beginnend damit, wie Harry von seiner Ziehfamilie, den Dursleys, abreist und später wieder dahin zurückkehrt. Dabei werden Monate, ja ganze Jahreszeiten im Buch in schöner Regelmäßigkeit übersprungen beziehungsweise in Nebensätzen abgehandelt. Als Roman ist das schon kaum nachvollziehbar, in Filmform wirkt es aber trotz des angezogenen Erzähltempos – unter dem darüberhinaus der Szenenaufbau leidet – einfach unglaubwürdig. So soll sich den gesamten Winter über ein Serienmörder in Hogwarts aufhalten, ohne dass die Schule einmal komplett geschlossen und vom Zaubererministerium durchsucht wird, um nur ein kleines Beispiel zu nennen.
Hier offenbart sich die größte Schwäche des Skripts. Obwohl es ansich aus einigen Szenen sogar mehr herausholt, als es die Autorin bei der Vorlage vermochte, wäre der Film logischer, straffer und nachvollziehbarer gewesen, würde sich die komplette Handlung in zwei Wochen, statt in einem Jahr zutragen. So spielt sich das Leben in Hogwarts quasi im Schnelldurchlauf ab: Der Zuschauer bekommt nur ein Quidditch-Match zu sehen – und selbst davon nur die letzten paar Minuten –, von Prüfungen oder dem eigentlichen Schulalltag, fehlt jede Spur, und die Unterrichtsszenen selbst sind bis auf eine einzige Ausnahme absolut überflüssig, ebenso wie manche Charaktere, die in Harry Potter und der Gefangene von Askaban ihren Einstand feiern.
Zu ihnen zählt auch Wahrsagerin und Professorin Trelawney. Ihre beiden Szenen machen nicht nur einen gezwungen komischen Eindruck, sie sind für den Verlauf der Handlung außerdem völlig überflüssig.
Im Gegenzug werden manche Dinge leider nicht ausführlich genug behandelt. Harrys Unterredungen mit Professor Lupin gehören in Bezug auf die Dialoge zwar zu den Höhepunkten des Skripts, sie wirken allesamt aber dennoch deutlich zu kurz. Das Gleiche gilt für den ersten Auftritt der Dementoren im Hogwarts-Zug, der in einem derartigen Tempo abgespult wird, dass man nur den Kopf schütteln kann angesichts dessen, was ein Regisseur wie Steven Spielberg aus einem solch beunruhigenden Setting hätte machen können. Es verwundert in diesem Zusammenhang nicht, dass sich diese Szenen in der ersten Hälfte des Films konzentrieren, und das Geschehen in der zweiten Hälfte in einem Stück zum Schluss hin präsentiert wird. Das Erzähltempo wirkt hier nicht mehr gehetzt, das Drehbuch lässt sich Zeit, die Geschichte zu entwickeln, und vermag es sogar, das Finale am See mit den Dementoren deutlich mitreißender zu gestalten, als es Rowling im Roman vermochte.
Die Auslassungen sind allerdings gravierend, besonders für Kenner der Bücher: Weder die Einführung von Dumbledore zu Beginn ist zu sehen, noch das Ende des Schuljahres; die Quidditch-Spiele finden nach einer kurzen Szene keinerlei weitere Erwähnung; auch dass Harry später eine Erlaubnis bekommt, in Zukunft nach Hogsmead zu gehen, und Pigwidgeon wurden gestrichen; und wer auf eine Erklärung hofft, wie Sirius eigentlich von Askaban entkommen ist, wartet vergebens.
So erweist sich Harry Potter und der Gefangene von Askaban als der – zumindest bislang – am meisten von der Vorlage abweichende Teil, obwohl dies in erster Linie auf die fehlenden Szenen zurückzuführen ist. Zwangsläufig bleibt dadurch viel auf der Strecke, von dem man sich mehr gewünscht hätte – von den vernachlässigten Charakteren ganz abgesehen: Cho Chang kommt überhaupt nicht vor; Neville Longbottom (Matthew Lewis) und Draco Malfoy (Tom Felton) haben nur immens kurze Auftritte; und auch Severus Snape und Professor McGonnagall (Maggie Smith) sind kaum zu sehen.
Wer die Bücher nicht kennt, wird überdies Probleme haben, einige Dinge zu verstehen, beispielweise woher sich Lupin, Black und Snape eigentlich kennen, warum Lupin über Harrys Karte von Hogwarts Bescheid weiß, und wie Harry bei den Dursleys ohne Zauberstab überhaupt zaubern konnte.
Es ist ganz ohne Zweifel nicht möglich, sämtliche Elemente der Vorlage im Film unterzubringen, und doch hätte man sich manch kleine Szene trotzdem gewünscht – etwa, dass Ron sich vor Snape für Hermine einsetzt. Ein paar Minuten mehr hätten dem Film sicher nicht geschadet. Wieso allerdings für die Hauptgeschichte eher unwichtige Abschnitte wie Harrys Aufenthalt bei den Dursleys oder die Fahrt mit dem Bus überhaupt eingebaut wurden, verstehe wer will.
Dass viele Fans angesichts der zahlreichen Änderungen und Kürzungen alles andere als erfreut sind, ist verständlich. Wie umfangreich das ursprüngliche Skript letztendlich war, lässt sich erst erahnen, wenn die Liste der zusätzlichen beziehungsweise nachträglich entfernten Szenen verfügbar ist – im derzeitigen Zustand wirkt der Film jedoch gehetzt und zerstückelt, was jüngeren Zuschauern zwar weniger auffallen dürfte, den Erwachsenen dafür umso mehr.
Als Buch-Adaption lässt das Skript somit viele Dinge der Vorlage vermissen; dennoch gelingt es Steven Kloves, die Atmosphäre des deutlich düstereren dritten Teils gekonnt einzufangen.

An der Darstellerriege hat sich im Großen und Ganzen glücklicherweise nichts geändert, an den Leistungen ebenso wenig.
Daniel Radcliffe, der mit seiner Ausstrahlung nach wie vor einen sehr guten Harry Potter gibt, trägt auch den dritten Teil souverän, gleichwohl er mimisch im zweiten Teil besser zur Geltung kam.
Rupert Grint hält sich im Gegensatz zu seinem Auftritt in Harry Potter und die Kammer des Schreckens [2002] mit dem Overacting etwas zurück. Ein paar Szenen mit ihm sind sogar richtig gut; von den drei Hauptfiguren bleibt er trotzdem der schwächste.
Anders Emma Watson als Hermine, deren Alter ego nicht nur die klügste Zauberin ihres Alters ist, sondern sie selbst die beste Darstellerin des Films. Emma Watson wirkt vollkommen natürlich und kann auch in den aufbrausenden Szenen überzeugen. Schade nur, dass sie in den kommenden Vorlagen nicht so viel zu tun haben wird.
Neu im Bunde ist Gary Oldman, der die Rolle eher unfreiwillig übernahm, aber seit einiger Zeit keine allzu interessanten Engagements mehr hatte. Als Sirius Black mag er zwar keine Idealbesetzung sein, er lässt dank seiner Ausstrahlung allerdings keine Wünsche offen. Man hätte ihm nur einen längeren Auftritt gewünscht.
David Thewlis, dessen Professor Lupin leider um den Hintergrund beschnitten wurde, spielt mit deutlich mehr Charme, als man hätte erwarten können. Als Lupins Beziehung zu Harrys Mutter zur Sprache kommt, wird das vorweg genommen, was die Leser im fünften Buch erfahren haben. Insgesamt betrachtet, gehört Thewlis zu den eher geforderten Darstellern des Films, was man von Michael Gambon, der ab diesem Teil Albus Dumbledore verkörpert – nachdem Richard Harris nach den Dreharbeiten zum zweiten Teil verstorben war –, bedauerlicherweise nicht behaupten kann. Nicht nur, dass er für die Rolle des väterlichen Dumbledore eigentlich zu hager wirkt, man sucht bei ihm auch das Funkeln in den Augen, den fast schon jungenhaften Gesichtsausdruck unter dem langen weißen Bart vergebens. So erweist sich Gambon als überraschend ausstrahlungsarm. Zudem ist er kaum zu sehen.
Ebenso wie Alan Rickman, der über seinen immer geringer werdenden Anteil offenbar nicht sonderlich erfreut ist. Durfte er sich im zweiten Teil noch ein wenig weiterentwickeln, scheint Snape hier wieder auf das Niveau des ersten Teils zurückversetzt. Auch die – im Buch ausführlichere – Szene beim Finale, verleiht dem Charakter keine neuen Facetten.
Maggie Smith und Robbie Coltrane kommen ebenfalls zu kurz, sind beide aber so engagiert, wie schon im zweiten Teil.
Einen undankbaren Auftritt hat hingegen Emma Thompson als Professorin Trelawney, die ganz offensichtlich für Lacher sorgen soll und bei der der englische Humor am ehesten zum Vorschein kommt. Die Rolle selbst ist leider völlig überflüssig und macht im Film auch keinen rechten Sinn. Engagiert verkörpert Emma Thompson zwar die Figur des Romans entsprechend, ob es ihr Spaß gemacht hat, sei dahingestellt.
Die Besetzung kann sich also – wie bereits in den beiden Filmen zuvor – sehen lassen, und doch scheinen die Darstellerleistungen bis auf eine Ausnahme festgefahren. Obgleich er in zwei Szenen Gelegenheit dazu hätte, ist bei Radcliffe ist keine Steigerung zu erkennen, dafür agiert er gewohnt routiniert und weiß seinen Charakter überzeugend zu verkörpern. Einzig Emma Watson vermag es, ihre Rolle auszunutzen und mit einigen wirklich guten Szenen aufzuwarten. Der übrige Cast ist solide, aber nicht bahnbrechend.

Gespannt waren die Zuschauer zurecht, wie der neue Regisseur Cuarón den dritten Teil angehen würde, und inwiefern sich seine Vision des Potter-Universums von der seines Vorgängers Chris Columbus unterscheidet.
Und obwohl der Mexikaner Alfonso Cuarón (Oscar-nominiert für das Drehbuch zu Y tu mamá también – ... mit deiner Mutter auch! [2001]) gleich in der ersten Szene bei den Dursleys mit einer verwackelten Handkamera für kurzzeitige Übelkeit sorgt, zeigt der Filmemacher im Anschluss, dass er ein besonderes Gespür für Optik hat. Mit langen und auch interessanten Kamerafahrten, malerisch-melancholischen Bildern und einem sehr düsteren Look gelingt ihm eine innovative, erwachsene und tatsächlich kinoreife Umsetzung, wie sie der konventionellere Chris Columbus nicht geschafft hat, der seine Interprationen ganz auf das junge Hauptpublikum zugeschnitten hat.
Beeindruckend sind dabei besonders die unheimlichen Szenen, beispielsweise als Harry die Dursleys zu Beginn mitten in der Nacht verlässt, oder das Finale am See. Die Bildkompositionen machen einen äußerst durchdachten Eindruck
Der "Neue" auf dem Stuhl der Mitte gab sich dahingehend keine Blöße. Die fehlende Dynamik und das gehetzte Erzähltempo sind – wie bereits erwähnt – auf das Drehbuch zurückzuführen, an dem Cuarón nichts ändern konnte oder wollte.

Nicht ganz so gut gelungen sind hingegen die Ausstattung und manche Spezialeffekte, von denen es generell zwei Klassen zu geben scheint.
Bei den Bauten wird das offensichtlich, wenn man sich die Innenausstattung einiger Räume in Hogwarts ansieht, hier haben die Macher ganze Arbeit geleistet und auch die Holzvertäfelungen an der Wand kunstvoll ausgeschmückt und mit Zaubersprüchen versehen. Sieht man sich dagegen Hogsmead oder das Wirtshaus "Zum tropfenden Kessel" an, fallen einem die fast schon billigen Pappkulissen auf, die viel zu sehr wie ein Studio anmuten, und überhaupt nicht massiv.
Mit den häufig zum Einsatz kommenden Computergrafiken verhält es sich ähnlich. Ist die Flugsequenz während des Quidditch-Matches noch sehr gut umgesetzt, wird man bei der Schluss-Szene das Gefühl nicht los, den Machern sind Zeit und Geld ausgegangen. Der Hippogreif Seidenschnabel ist in den Nahaufnahmen wirklich detailliert und fast schon lebensecht, von einer weiter entfernten Perspektive oder  in den Flugmomenten, fühlt man sich allerdings eher an ein billiges Computerspiel erinnert. Die Außenaufnahmen von Hogwarts hingegen sehen durchweg gut aus.
Gespannt waren die Fans auch auf das Finale, in dem neben zwei CGI-Kreaturen auch die Dementoren im großen Stil vertreten sind; kann der große schwarze Hund noch überzeugen, erinnert der Werwolf viel eher an eine Wer-Ratte; die Verwandlung selbst, obgleich zu schnell und bei weitem nicht derjenigen von American Werewolf [1981] gewachsen, macht einen besseren Eindruck. Die Dementoren auf der anderen Seite sind zwar grundsätzlich gelungen, könnten in Bezug auf das Design aber problemlos mit den schwarzen Reitern aus der Herr der Ringe-Trilogie verwandt sein, als dass sie Fantasy-Fans irgendetwas Neues bieten würden (angeblich benötigte das Effekte-Team dennoch sechs Monate, die Dementoren zu entwerfen – ob sie dafür in Neuseeland Ausschau gehalten haben?).
Sechs verschiedene Effekte-Firmen werden beim Abspann aufgelistet. Welche davon hier gute Arbeit geleistet haben und welche weniger, sei dahingestellt. Insgesamt wäre bei einem Budget von immerhin 130 Millionen Dollar aber mehr sicher drin gewesen, ebenso bei den Kulissen, die im ersten Teil irgendwie besser aussahen.

Für die Musik von Harry Potter und der Gefangene von Askaban ist wieder John Williams verantwortlich, der sich hier nicht wie bei Teil zwei von William Ross unterstützen lässt. Dem inzwischen 72-jährigen Komponisten scheint dabei deutlich zugute zu kommen, dass er sich im Gegensatz zum Jahr 2002 nicht mehr für ein halbes Dutzend Großprojekte verpflichtete, sondern dies 2004 sein erster Score ist (gefolgt von der Musik zu Steven Spielbergs The Terminal [2004)].
Williams gelang ein deutlich besserer Score, als noch zum zweiten Teil, der mit einigen neuen Themen, einem durchgängigen Stil und vor allem weniger Wiederholungen der bekannten Motive glänzt. In den actionreichen Sequenzen tauchen zwar bekannte temporeiche Melodien auf, Williams verarbeitet diese aber stimmungsvoll zu dem für die Harry Potter-Reihe typischen Gesamtkonzept. Seine fast schon verspielten Elemente machen durchaus Lust auf mehr und gehören zu den Highlights des Soundtracks, ebenso wie die Flugsequenzen, die ein wenig an Howard Shores Herr der Ringe-Musik erinnern. Die beunruhigenden Sequenzen mit den Dementoren bringt er atmosphärisch gekonnt zum Ausdruck, von dem einprägsamen Song "Something Wicked This Way Comes" ganz zu schweigen.
Insgesamt passt der Score sehr gut zu den Bildern und wirkt doch nie aufdringlich, Williams gelang hier seine vielleicht beste Arbeit seit Catch Me If You Can [2002], und seine Handschrift ist unverkennbar.

Eine nette Anekdote besagt, dass es Regisseur Alfonso Cuarónlaut Vertrag untersagt war, vor den Kindern am Set zu fluchen.
Der vierte Teil wird bereits gedreht und soll Weihnachten 2005 in den Kinos zu sehen sein – wenn alles gut geht. Mit Mike Newell fanden die Produzenten nun denn auch endlich den ersten englischen Regisseur innerhalb der Reihe. Als Zuschauer sollte man jedoch noch nicht nach vorne blicken, sondern seine Augen nochmals auf den aktuellen Teil der Reihe richten.
Und da erweist sich Der Gefangene von Askaban leider nicht als der Wendepunkt in der Geschichte, den das Studio verkaufen wollte. Zwar schuf Cuarón einen optisch überzeugenden und erwachseneren Film, der mit zahlreichen interessanten Kamerafahrten und -winkeln aufwarten kann, inhaltlich lässt der dritte Teil der Magier-Reihe aber viel von dem vermissen, was das Buch ausgemacht hat.
Zwar sind viele Probleme, allen voran der lange Zeitraum, den der Film in einem Jahr umspannen soll, bereits von J. K. Rowling fabriziert, wie das allerdings mit der Verfilmung der kommenden Büchern werden soll, die ja einen noch größeren Umfang besitzen, ist einem kritischen Betrachter nicht ganz klar.
In der zweiten Hälfte vermag Der Gefangene von Askaban eher zu überzeugen, in der ersten wirkt er wie die Aneinanderreihung von entfernten Szenen, die allesamt zu kurz gerieten und von denen nur vereinzelte überhaupt mitreißen können. Wohin aber die 130 Millionen Dollar Produktionskosten verschwunden sind, ist ein Rätsel – so teuer sieht der Film jedenfalls nicht aus.
Die witzigsten und intelligentesten Einfälle erwarten den Zuschauer jedenfalls beim Abspann; der ist nämlich überaus originell gestaltet und bietet Einiges für's Auge. Fans sollten unbedingt bis zum Schluss sitzen bleiben.


Fazit:
Dem Kinderfilm-Genre entwachsen ist die Reihe bereits mit dem zweiten Teil, im dritten wird die dort angedeutete künstlerische Entwicklung entsprechend weitergeführt. Mit düsteren Bildern, einer unheimlichen Atmopshäre und einem deutlich actionlastigeren Finale erkennen die Fans, dass auch Harry Potter langsam in die Pubertät kommt.
Mit Harry Potter und der Gefangene von Askaban übernehmen die Macher aber neben den guten Ideen der Vorlage – wie das gelungene Finale – auch ihre Schwachpunkte – allen voran der gehetzte Beginn. Zwar wirkt das Ergebnis nicht so einfallslos wie Die Kammer des Schreckens, an den ersten Film kommt diese Umsetzung trotzdem nicht heran.
Die Darsteller geben sich Mühe, der Aufwand war groß genug, und doch hätten die Macher aus Harry Potter und der Gefangene von Askaban mehr herausholen können, wenn das ohnehin der Vorlage entfremdete Drehbuch nochmals überarbeitet worden wäre.
Den jungen Zuschauern mögen die Stolpersteine im Erzählrhythmus nicht auffallen, den Erwachsenen stößt die Fließbandproduktion des Harry Potter-Merchandise gerade deshalb bisweilen unangenehm auf.