Ex Machina [2015]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 02. November 2015
Genre: Science Fiction

Originaltitel: Ex Machina
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Alex Garland
Musik: Geoff Barrow, Ben Salisbury
Darsteller: Domhnall Gleeson, Alicia Vikander, Oscar Isaac, Sonoya Mizuno, Corey Johnson, Claire Selby, Symara A. Templeman, Gana Bayarsaikhan, Tiffany Pisani, Elina Alminas


Kurzinhalt:

Als Caleb (Domhnall Gleeson) die Nachricht erhält, dass er die Lotterie gewonnen hat und eine Woche mit dem zurückgezogenen Firmenchef Nathan Bateman (Oscar Isaac) verbringen darf, kann er sein Glück kaum fassen. Doch der Imperienmogul, der in einem riesigen Anwesen zurückgezogen lebt, ist ganz anders als Caleb erwartet hat. Bis ihm Nathan ein Angebot macht: Caleb soll bei dem von Nathan erschaffenen Roboter Ava (Alicia Vikander) feststellen, ob dieser Zeichen einer Künstlichen Intelligenz aufweist. Nur wenn Ava tatsächlich Intelligenz besitzen würde, wer würde dann gewährleisten, dass nicht Caleb zum Testobjekt wird …


Kritik:
Für seinen Regieerstling sucht sich der versierte Drehbuchautor Alex Garland (28 Days Later [2002], Sunshine [2007]) ein Genre aus, in dem man es schwerer kaum haben könnte. Wie viele Autoren und Filmemacher haben im Science Fiction-Bereich nicht schon Neues gesucht und doch nichts gefunden. Was Garland hier gelingt, ist so sehenswert wie unerwartet. Er erzählt eine Geschichte über eine Künstliche Intelligenz und findet darin den Kern dessen, was uns menschlich macht. Das eignet sich nicht für ein breites Publikum, aber wer sich darauf einlässt, wird überrascht werden.

Ausgangslage ist die Einladung, die Caleb Smith auf Grund einer Lotterie erhält. Er ist Mitarbeiter der größten Internet-Suchmaschine der Welt und darf eine Woche mit dem Firmengründer Nathan Bateman verbringen. Auf dem riesigen Anwesen mitten im Grünen angekommen, macht Nathan Caleb ein Angebot, wenn er bereit ist, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterschreiben: Er soll einen Turing-Test durchführen.
Ziel des Tests ist es herauszufinden, ob ein Gesprächsführer bemerkt, dass ihm kein Mensch, sondern eine Maschine antwortet. Nathan hat einen menschenähnlichen Roboter geschaffen und ist überzeugt, dass die Künstliche Intelligenz dem Turing-Test standhalten kann.

Dabei wirft Ex Machina mehr als einmal die Frage auf, was Intelligenz tatsächlich ist. Verbirgt sich dahinter das bloße Frage/Antwort-Schema, wobei die Antworten zu den Fragen passen müssen? Ist es vielleicht, dass sich die Maschine ihrer Existenz und ihrer Herkunft bewusst ist? Oder dass sie an einem Punkt feststellt, dass niemand darüber zu entscheiden hat, ob sie weiterexistieren soll, oder nicht?

Der Roboter, den Nathan erschaffen hat, heißt Ava (ausgesprochen "Eva") und sieht, abgesehen von einem menschlichen Gesichts, Händen und Füßen, aus, als wäre er den kühnsten Design-Träumen namhafter Hard-/Software-Konzerne entsprungen. Alex Garland kleidet seinen Science Fiction-Film in einen derart schicken und doch zeitlosen Look, dass es einem die Sprache verschlägt. Dabei spielt er mit Gegensätzen wie eben den mit Haut überzogenen Körperpartien, die zur Interaktion zwischen Menschen dienen und dem mechanischen Torso Avas, oder der Tatsache, dass tief in einer idyllischen, naturbelassenen Landschaft ein hochtechnisierter Gebäudekomplex steht.

Caleb ist von Ava so fasziniert wie der Zuschauer und während sie zu Beginn seine Fragen brav beantwortet, dreht sie den Spieß unmerklich und ganz allmählich um. So lernt Ava mehr über Caleb als anders herum. Je vertrauter sie ihm wird, umso mehr bedeckt sie sich, damit die menschlichen Stellen ihre Interaktion dominieren. Sieht man im Gegensatz hierzu den fast schon rüpelhaften Nathan, der oft betrunken ist, flucht und seine Angestellte Kyoko schlecht behandelt, dann könnte dies in keinem größeren Gegensatz zu der Unschuld und Neugier Avas stehen.
Als Zuseher merkt man früh, dass etwas an der Situation nicht stimmt und je länger die Sitzungen zwischen Caleb und Ava dauern, umso klarer wird es, dass das Experiment nicht den Verlauf nimmt, den es nehmen soll. Mehr sollte man über Ex Machina nicht verraten. Der ruhige Erzählstil zieht einen dank der geschliffenen Dialoge und der beobachtenden Perspektive dieser ungewöhnlichen Situationen in seinen Bann.

Auf Grund der kammerspielartigen Geschichte mit gerade einmal vier Figuren und dem begrenzten Raum, in dem er seine Handlung ansiedelt, benötigte Garland kein ausuferndes Budget. Umso erstaunlicher ist es, wie verblüffend Ava aussieht. Sie wirkt so plastisch und die (notwendigen) Trickeffekte sind so unsichtbar, dass man vermuten würde, ein solcher Roboter könnte schon morgen gebaut werden. Wenn das Gezeigte nicht fantastisch, sondern greifbar ist, wird Science Fiction tatsächlich zeitlos.


Fazit:
Die Bilder besitzen auch dank der fremdartigen Musik eine stellenweise hypnotisierende und meditative Wirkung. Selbst wenn er nicht allzu viel über seine Figuren verrät und man sich die Lücken zwischen den Bruchstücken selbst auffüllen muss, Alex Garland stellt seine Figuren und ihre Suche nach dem, was sie ausmacht, in den Mittelpunkt. Die erschreckendste Frage darin ist, was, wenn die Künstliche Intelligenz gar nicht weiß, dass sie künstlich ist?
Es sind beinahe schon philosophische Gedankenspiele, die hier vorgestellt werden und in denen letztlich jeder den anderen manipuliert. Die Dialoge in Ex Machina erhalten nach dem Ansehen eine andere Bedeutung als währenddessen und auch die Auflösung könnte gelungener nicht sein. Einige Momente sind dagegen unnötig lang und Nathans Erkenntnis am Schluss zu ausführlich in Szene gesetzt. Doch das schmälert weder die tollen Darstellerleistungen, noch die fantastische Umsetzung oder die intelligente Story, die zum Nachdenken anregt. Sehenswert.