Die Schöne und das Biest [1991]

Wertung: 6 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. November 2010
Genre: Animation / Liebesfilm / Komödie

Originaltitel: Beauty and the Beast
Laufzeit: 85 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1991
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Gary Trousdale, Kirk Wise
Musik: Alan Menken
Stimmen: Paige O'Hara (Jana Werner), Robby Benson (Matthias Freihof), Richard White (Engelbert von Nordhausen, Peter Edelmann), Jerry Orbach (Joachim Kemmer), David Ogden Stiers (Manfred Lichtenfeld), Angela Lansbury (Ingeborg Wellmann), Bradley Pierce (Timo Plümicke), Rex Everhart (Alexander Herzog), Jesse Corti (Santiago Ziesmer), Jo Anne Worley (Christel Merian)


Kurzinhalt:
Es war einmal ein eitler Prinz, der nachdem er einer Bettlerin seine Gastfreundschaft verwehrte, mit einem Fluch belegt wurde. Er verwandelte sich in ein schreckliches Biest (Robby Benson / Matthias Freihof) und alle Angestellten seines Schlosses wurden auch in anderen Formen gefangen genommen. Nur, wenn es ihm gelänge jemanden zu lieben und dessen Liebe zu gewinnen, würde der Fluch gebrochen.
Maurice (Rex Everhart / Alexander Herzog), Vater der jungen Belle (Paige O'Hara / Jana Werner), flüchtet sich, nachdem er vom Weg abgekommen ist, ins Schloss des Biestes. Als dieses ihn entdeckt, wird er in den Kerker geworfen. Belle kommt ihm auf die Spur und bietet sich im Tausch gegen ihres Vaters Freiheit an. Unter den Angestellten des Schlosses, Lumière (Jerry Orbach / Joachim Kemmer), Von Unruh (David Ogden Stiers / Manfred Lichtenfeld) und Madame Pottine (Angela Lansbury / Ingeborg Wellmann) kommt Hoffnung auf, dass der Fluch gebrochen werden könnte. Da erzählt Maurice im Dorf von seinen Erlebnissen und Belles Gefangennahme, und bringt so den egoistischen Dorfschönling Gaston (Richard White / Engelbert von Nordhausen, Peter Edelmann), dessen Heiratsantrag Belle abgelehnt hatte, auf einen finsteren Plan ...


Kritik:
Es ist das größte Lob, das man einem Animationsfilm aussprechen kann, wenn man ihn nicht als guten Zeichentrickfilm, sondern schlicht als guten Film beurteilen kann. Bis zu Oben [2009] war Die Schöne und das Biest der einzige Trickfilm, der für einen Oscar als "Bester Film" nominiert war. Eine hohe Auszeichnung für ein zeitlos schön erzähltes Märchen, das kürzlich zum ersten Mal im hochauflösenden Heimvideobereich veröffentlicht wurde und dank einer sorgfältigen Restaurierung in nie dagewesenem Glanz erstrahlt. Dass die deutsche Tonspur trotz einer guten Synchronisation mit einigen fehlenden Dialogzeilen negativ auffällt, ist darum umso ärgerlicher.
Die Geschichte beginnt mit einem eingebildeten Prinzen, der wegen seiner Oberflächlichkeit verwunschen und samt seines Schlosses und aller, die dort für ihn arbeiteten, in seltsame Kreaturen verwandelt wird. Er selbst in ein großes, schreckliches Biest. Sollte es ihm gelingen, bis zu seinem 21. Geburtstag einen anderen Menschen zu lieben und dessen Liebe zu gewinnen, dann würde der Fluch gebrochen. Wenn nicht, würden sie für alle Zeiten in ihren Erscheinungsformen gefangen bleiben. Die Bücher verschlingende Dorfschönheit Belle, deren schrulliger Vater sich in einem Sturm in das Schloss des Biestes verirrte, bietet an, statt ihm die Gefangene des Schlossherrn zu werden, wenn ihr Vater dafür freikäme. Was dann geschieht, überrascht ebenso wenig wie die Ausgangslage, die auf dem Märchen La Belle et la Bête von Gabrielle-Suzanne Barbot de Villeneuve basiert. Ursprünglich erschienen 1740 stammt die bekannteste Version von Jeanne Marie Leprince de Beaumont aus dem Jahr 1756. Die Grundidee dahinter ist immer dieselbe, und es mag verwundern, weswegen das Zeichentrickstudio Disney mehrere Anläufe benötigte, um die zauberhafte Geschichte zu verfilmen. Unterlegt mit eingängigen Musikstücken und einer bühnenreifen Choreografie in eben diesen Szenen fasziniert Die Schöne und das Biest auch nach so vielen Jahren noch durch die fantasievolle Umsetzung der Vorlage. Die in Accessoires und Möbel verwandelten Angestellten des Schlosses sind so charmant, dass selbst junge Zuschauer vor der Bedrohlichkeit eines solchen Fluches keine Angst haben werden. Einzig das Biest bleibt Furcht einflößend. Dem gegenüber steht die schöne Belle, die sich immer wie eine Außenseiterin fühlt und ihre Zuflucht in Geschichten und Büchern sucht. In ein solches Märchen selbst verwickelt zu sein stellt für sie wie für das Publikum ein Abenteuer dar, das man sich nicht erträumen kann. Man entdeckt das Schloss mit ihren Augen, lernt die eigenwilligen und charmanten Bewohner kennen und erfährt langsam mehr über den Fluch, mit dem sie alle belegt wurden. Sie selbst jedoch erfährt das genau nicht, was ihr Bekenntnis am Ende nur umso reiner macht.

Was früher nie so stark aufgefallen war, aber gerade durch das klare Bild nun deutlicher zum Vorschein tritt, ist die Computerunterstützung bei manchen Animationen, insbesondere dem Ballsaal. Damals ein Novum ist die Einbindung von computergenerierten Bildern in klassische Animation inzwischen Gang und Gäbe. Es stört auch beim Ansehen von Die Schöne und das Biest nicht, nur fällt es eben auf Grund der sehr flüssigen Bewegungen und der immensen Detailfülle auf. Wodurch das Märchen aber neben der schwungvollen musikalischen Untermalung beeindruckt sind die zeitlosen Bilder der malerisch gemalten (Schnee-)Landschaften und der ebenso charismatischen Figuren, die trotz ihrer Gefangenschaft in alltäglichen Objekten eine Gestik und Mimik innehaben, dass es eine Freude ist, ihnen zuzusehen. Das bezaubernde Flair des verwunschenen Schlosses scheint wie ein lebendig gewordenes Märchen, das man sich selbst immer so vorgestellt hatte. Die Geschichte erzählt davon, dass man hinter das Offensichtliche blicken sollte, dass man nie die Hoffnung verlieren darf. Und dass man für das einstehen muss, wovon man überzeugt ist. Es sind Themen, die sich in das Leben hinübernehmen lassen, ebenso wie sich immer Menschen wie der großspurige Gaston finden, die um ihre persönlichen Ziele zu erreichen auch davor nicht zurückschrecken, andere ins Unglück zu stürzen.
Was Disney mit Die Schöne und das Biest gelang ist ein Klassiker des Trickfilms und die vielleicht schönste, weil zeitloseste Fassung eines Märchenklassikers, die auch nach 20 Jahren nichts von ihrer fantastischen Faszination verloren hat. Wer den Film zum ersten Mal sieht wird ins Staunen geraten, wer die Geschichte von Belle und dem Biest wiederentdeckt wird sich immer wieder beim Lachen und Lächeln ertappen. Und wer sich von der emotional packenden Liebesgeschichte mitreißen lässt, wird sich gern in ihrer Welt verlieren.


Fazit:
Es werden bei heutigen Produktionen gerne Worte wie "Meisterwerk" in den Mund genommen, obwohl die Geschichten ihrem größten Feind noch gar nicht ausgesetzt waren: der Zeit. Ob die Filme in 20 Jahren immer noch diesen Stellenwert einnehmen werden, bleibt abzuwarten. Die Schöne und das Biest hat die letzten zwei Jahrzehnte überstanden, ohne an Faszination oder Warmherzigkeit der Erzählung einzubüßen. Dank liebevoll gestalteter Figuren, die ihren Namen alle Ehre machen, dank der wunderschön gemalten und animierten Hintergründe und der zeitlos erzählten Geschichte scheint es, als wäre der moderne Zeichentrickklassiker erst gestern entstanden.
Die Geschichte von Belle und dem Biest, von ihrem Vater und dem eingebildeten Schurken Gaston funktioniert samt der eingängigen Liedpassagen wie eh und je. Dabei ist nicht wichtig, dass der Verlauf und Ausgang des Märchens bekannt sind. Wie die facettenreichen Charaktere dorthin kommen ist interessant genug und mit so viel Humor und Hintersinn versehen, dass man auch bei wiederholtem Ansehen immer wieder Neues entdeckt. Und eben das macht ein wahres, zeitlos charmantes Meisterwerk aus.