Die Chroniken von Narnia - Der König von Narnia [2005]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. November 2008
Genre: Fantasy

Originaltitel: The Chronicles of Narnia: The Lion, the Witch and the Wardrobe
Laufzeit: 143 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Andrew Adamson
Musik: Harry Gregson-Williams
Darsteller: Georgie Henley, Skandar Keynes, William Moseley, Anna Popplewell, Tilda Swinton, James McAvoy, Jim Broadbent, Kiran Shah, Liam Neeson


Kurzinhalt:
Zufällig beim Versteckspielen stolpert die kleine Lucy Pevensie (Georgie Henley) durch einen Wandschrank in die fremde Welt Narnia, in der es sprechende Tiere, Fabelwesen und so viel Neues zu entdecken gibt. Zuerst wollen ihr ihre Geschwister Peter (William Moseley), Edmund (Skandar Keynes) und Susan (Anna Popplewell) nicht glauben, doch als sie selbst Narnia entdecken, ist ihre Begeisterung nicht zu bändigen.
Bis sie erkennen müssen, dass das Land seit 100 Jahren von einem eisigen Winter geplagt wird, ausgelöst durch eine Weiße Hexe (Tilda Swinton), die Narnia auf grausame Weise regiert. Sie wusste, dass eines Tages Kinder kommen würden und hat sich auf den Tag ihrer Ankunft vorbereitet. Doch Lucy, ihre Schwester und ihre Brüder, erfahren, dass sie eine Bestimmung zu erfüllen hätten. Aslan (Liam Neeson), jener sagenumwobene, große Löwe, der seit Anbeginn der Zeit über Narnia wacht, würde sich zum Kampf gegen die Hexe rüsten – und nur mit Lucy und ihren Geschwistern als Verbündete gilt ein Sieg als sicher ...


Kritik:
Trotz einer britischen TV-Serie Ende der 1980er Jahre kann man sagen, dass die berühmte Fantasy-Saga Die Chroniken von Narnia des Autors C. S. Lewis an sich erst mit Der König von Narnia zum ersten Mal auf filmische Art und Weise umgesetzt wurde. Immerhin machen Fortschritte in Bezug auf Spezialeffekte und Maskenbilder es jetzt erst möglich, das Epos auf diejenige Weise zu realisieren, wie es der Autor vermutlich ersann. Er selbst war Zeit seines Lebens immer gegen eine Adaption des Werkes gewesen.
Nun also ist es soweit, Die Chroniken von Narnia werden geöffnet, erzählt wird das zweite Kapitel der Reihe, das jedoch zuerst geschrieben und veröffentlicht wurde. Die Produzenten, darunter auch der Stiefsohn von Lewis, Douglas Gresham, möchten bei entsprechendem Erfolg alle sieben Teile der Saga auf die Leinwand bringen, doch in der Reihenfolge, in der sie entstanden. Auch der zweite Teil, Prinz Kaspian von Narnia [2008] wurde inzwischen schon veröffentlicht, am dritten, Die Reise auf der Morgenröte [voraussichtlich 2010] wird ebenfalls gearbeitet.
Doch während Der König von Narnia trotz eines riesigen Budgets von 180 Millionen Dollar weltweit ein Hit wurde und das Vierfache wieder einnahm, enttäuschte Prinz Kaspian von Narnia. Die Fans der Romanvorlage sind sich uneinig bezüglich der Adaption. Und das, obwohl sie großteils sehr werkgetreu geraten ist.

Das Drehbuch, verfasst von Regisseur Andrew Adamson und drei weiteren Autoren, nimmt das Buch sehr wörtlich und fängt stellenweise das Flair der Welt von Narnia gekonnt ein. Auch die Besonderheiten wie der Laternenpfahl in der Mitte des Waldes oder sonstige Anleihen an den Roman haben ihren Weg ins Skript gefunden.
Der vielleicht größte Unterschied ist in den Dialogen zu sehen, die im Gegensatz zum Roman sehr gewöhnlich formuliert werden, anstatt der getragenen und gewählten Ausdrucksweise der Figuren im Buch. Welches von beiden nun besser ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass selbst den Dialogen jenes epische Element zu fehlen scheint, das so viele andere Fantasy-Verfilmungen besitzen. Vor allem scheinen die Autoren gerade auf Grund der Tatsache, dass sie sich akribisch an die Vorlage halten zu vergessen, dass nicht alles, was man gezeigt bekommt, wirklich wichtig wäre, beziehungsweise Szenen fehlen, die durchaus interessant gewesen wären.
Während also manche Passagen sehr lang erscheinen, wirken andere unnötig gehetzt, das Timing und der Erzählrhythmus scheinen nicht so recht zu passen. Auch fehlt dem Skript eine durchgehende Dramaturgie, die nicht nur in manchen Szenen Spannung erzeugt. Ebenso wie die einzelnen Actionsequenzen durchaus mehr Vorbereitung oder aber eine Steigerung innerhalb der Sequenz hätten gebrauchen können. So wirkt das Drehbuch aber vorschnell verfilmt und im Sinne der nötigen Überarbeitungen bei weitem nicht fertig.

Wie entscheidend die Darsteller für die Umsetzung der Geschichte sein würden, wird schon aus der Vorlage klar. Umso erstaunlicher ist es, dass kaum einer der Beteiligten den hohen Erwartungen gerecht wird. Am ehesten gelingt dies Anna Popplewell, die als Susan zwar am wenigsten zu tun bekommt, ihrer Rolle aber auf eine Art und Weise Leben einhaucht, dass man ihrer Entwicklung im Lauf des Films nicht nur folgen kann, sondern ihre Handlungen auch versteht.
Ähnlich ergeht es noch Skandar Keynes, der als letztes Castmitglied der Hauptdarsteller ausgewählt wurde. Vielleicht gelingt es ihm deswegen so gut, als Außenseiter zu überzeugen. Auch weswegen er so reagiert, wie er es tut, macht er deutlich. Im Gegensatz zu William Moseley, der die ersten zwei Drittel des Films durchaus ordentlich agiert, seiner "Beförderung" im letzten Akt aber nicht gewachsen scheint. Ihm glaubt man seine Führungsqualitäten ebenso wenig wie sein Kampfeinsatz und kann deswegen auch nicht mit ihm mitfiebern.
Ähnlich bei Georgie Henley, die als Lucy Pevensie weder das Erstaunen zu Beginn, noch die Trauer in der Mitte glaubhaft verkörpert. Sie scheint je nachdem wie man sich ihre Figur im Roman vorgestellt hat, am wenigsten zu ihrer Rolle zu passen.
Da macht es auch keinen Unterschied mehr, dass mit Tilda Swinton eine mehr als fähige Darstellerin für die Rolle der weißen Hexe gefunden wurde. Weswegen man ihr aber so wenig zu tun gibt, ist schleierhaft. Selbst James McAvoy, der als Mr. Tumnus kaum zu erkennen ist, scheint mehr Dialogzeilen zu besitzen. Beide machen ihre Sache gut, scheinen aber gleichzeitig unterfordert.
Vielleicht eine der besten Entscheidungen war es, Liam Neeson zu engagieren, um Aslan eine Stimme zu verleihen. Er ist auch die einzige Figur, der im Deutschen ein ordentlicher Synchronsprecher zur Seite gestellt wurde. Ansonsten ist die deutsche Sprachfassung im besten Fall als durchschnittlich zu bezeichnen.

Handwerklich versucht Regisseur Andrew Adamson, eine Brücke zu schlagen zwischen etablierten Genrefilmen wie Der Herr der Ringe [2001-2003] und einer leichtfüßigeren Inszenierung. So scheint der Film aber etwas führerlos zu mäandrieren, wobei einige Einstellungen ganz gut geraten sind, insbesondere aber die Schlachten an Aufbau und Spannung vermissen lassen.
Überhaupt wird man das Gefühl nicht los, dass sich das erste Drittel, obwohl an sich nicht viel passiert, arg in die Länge zieht, während der Mittelteil arg gehetzt erscheint. Das Finale selbst wird zwar lange vorbereitet, doch scheinen immer wieder kleine Szenen zu fehlen, die Lücken zwischen und Szenenüberleitungen schließen würden.
Wer bei einem so hohen Budget davon ausgeht, dass der Fantasy-Film bezüglich der Spezialeffekte und der Masken neue Maßstäbe setzt, immerhin war der Film für drei Oscars nominiert und erhielt darunter sogar die Trophäe für das beste Make-Up, der wird enttäuscht werden. Insbesondere die Spezialeffekte machen einen äußerst unausgewogenen Eindruck. Während manche Einstellungen durchaus überzeugen und auch Aslan selbst verblüfft, sind es insbesondere die Hintergründe, Bluescreen-Einstellungen, die selbst vor 20 Jahren schon besser aussahen und einige Spezialeffekte, die einen kopfschüttelnd zurücklassen. Selbst Fernsehserien können hier mitunter mehr überzeugen.
Dass die Qualität der visuellen Effekte von einer Einstellung zur anderen so stark schwankt ist es, was nicht nur verwundert, sondern regelrecht ärgert. Gerade deshalb kann man nie die Geschichte selbst genießen, sondern wird immer wieder aus ihr herausgerissen.

Enttäuschend ist auch die musikalische Untermalung durch Harry Gregson-Williams, dem zwar ein paar gute, einprägsame Themen gelingen, denen allesamt jedoch eine epische Wucht fehlt. Nicht nur, dass das verwendete Orchester merklich zu klein klingt, selbst die Hymnen wollen den Zuschauer nicht wirklich packen, die Musik begleitet die Bilder viel zu ruhig und zurückhaltend, anstatt wenigstens beim Finale aufzudrehen.
So klingt der Score nicht nur stellenweise arg wiederholend, sondern trotz der interessanten Melodien selbst in den traurigen Momenten zu vorhersehbar. Nur selten gelingt es Gregson-Williams, dem Geschehen eine packende Musik zuzuschreiben, so monumental, wie Der König von Narnia sein möchte, ist der Score aber trotzdem nie.

So entpuppt sich Lewis als ohne Zweifel aufwändige, letztlich aber sehr durchschnittliche Fantasy-Geschichte, die zumindest erwachsene Zuschauer weder zu fesseln vermag, noch mitzureißen in der Lage ist. Zwar ist sie nicht wirklich schlecht, hierfür ist sie zu nah an der Vorlage orientiert, und auch die merklich vom christlichen Glauben inspirierten Kernelemente der Handlung sind erhalten geblieben, doch hätte man sich zumindest auf Grund des Budgets (und nicht zuletzt auf Grund der riesigen Werbekampagne) eine durchgängig überzeugende handwerkliche Umsetzung gewünscht.
So teuer wie er war sieht Der König von Narnia nämlich nicht aus. So spannend wie er hätte sein können ist er auch nicht, und so monumental ebenfalls nicht. Bleibt also die Frage, was er ist? Er ist ein guter, unterhaltsamer Kinderfilm voll verschenkter Potentiale.


Fazit:
Es ist immer ein Balanceakt, wenn so junge Schauspieler einen Film tragen sollen. Wenn es ein so groß angelegtes Werk ist, macht es die Sache nur schwieriger. Dass dies funktionieren kann, steht außer Frage. Doch wenn William Moseley beim Finale zur Schlacht ruft, scheint dies nicht, als wäre er ein Anführer, der zu seiner Stellung gereift ist, sondern als wäre er ein 18jähriger Junge, der in eine Rüstung gesteckt wurde. So entspricht keine Figur dem Charisma, welches ihnen in den Romanen zufällt. Dass man mit ihnen somit nicht wirklich mitfiebert, ist eine natürliche Folgerung.
Am enttäuschendsten sind an Der König von Narnia jedoch die stellenweise erschreckend offensichtlichen Spezialeffekte, die einer heutigen Großproduktion an sich nicht würdig sind. Es lässt sich keine überzeugende Illusion einer fremden Welt erzeugen, wenn man permanent das Studioambiente der Dreharbeiten wahrnimmt.
So bleiben durchaus die rühmlichen Ansätze erkennbar, und ohne Frage gibt es in dem Bereich auch viel schlechtere Ableger, doch nach den Vorschusslorbeeren hätte man sich einfach mehr erwartet – und ist entsprechend enttäuscht.