Alias – Die Agentin: "Prophet Five" [2005]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 07. September 2011
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Alias: "Prophet Five"
Laufzeit: 42 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ken Olin
Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Jennifer Garner, Michael Vartan, Victor Garber, Greg Grunberg, Carl Lumbly, Ron Rifkin, Kevin Weisman, Tyrees Allen, David Marshall Grant, Rachel Nichols, Élodie Bouchez, Leon Russom, Lindsey Haun, Art Chudabala, Dominic Comperatore


Kurzinhalt:
Benommen kann Sydney Bristow (Jennifer Garner) vor den Angreifern fliehen, muss jedoch mit ansehen, wie ihr Verlobter Michael Vaughn (Michael Vartan) verletzt in einen Helikopter geladen wird. Zurück bei APO hat sich Gordon Dean (Tyrees Allen) von einer anderen Abteilung eingeschaltet. Er verdächtigt Vaughn, ein Doppelagent zu sein, was sich Sydney nicht vorstellen kann – auch um ihretwillen nicht. Ihr Vater Jack (Victor Garber) sieht sie indes in der gleichen Situation, wie er damals gewesen ist, als die Identität von Sydneys Mutter aufflog.
Als Vaughn die Flucht gelingt, muss er auf Sydneys Hilfe zurückgreifen. Sie sagt instinktiv zu, verlangt im Gegenzug jedoch die ganze Wahrheit über die Situation. Was sie erhält, ist ein weiteres Puzzlestück, das mit der Gruppe 'Prophet Five' zu tun hat. Doch gerade, als sie mit Vaughn der Lösung einen Schritt näher kommt, überschlagen sich die Ereignisse ...


Kritik:
Als Zuschauer, Kenner und Fan der Serie Alias fühlte man sich bei der Schlusseinstellung des Staffelfinales "Vor der Flut" im vorigen Jahr wie vor den Kopf gestoßen. Dass die Macher die Wartezeit auf die nun letzte Staffel der Agentenserie so lange gestalteten, half den zahlreichen Spekulationen um den sagenumwobenen Satz einer Hauptfigur, die da sagte, "Zuerst, ich bin nicht ...", nicht wirklich. Zumal schnell bekannt wurde, welche Darsteller für die neue Staffel wieder verpflichtet wurden, und welche nur mit einigen Auftritten glänzen würden.
Wie oft Serienerfinder und Autor J.J. Abrams bei seinem einfallsreichen und mitunter doch abwegigen Actionmärchen den Reset-Knopf drückt und alle Storyfäden auf Anfang setzt, lässt sich kaum mehr zählen. Dabei halten die Autoren von "Prophet Five" erneut an der großen Storyarc fest, und kündigen eine erneute Verstrickung mit dem mittelalterlichen Erfinder und Visionär Rambaldi an, dessen Entwicklungen im vorigen Jahr zwar eine größere, dafür aber selbst für Fans absurde Rolle spielten. Man kann nur hoffen, dass nicht nur den Fans Storys wie Viren, die Menschen zu willenlosen Zombies mutieren lassen, in Zukunft erspart bleiben, sondern die Autoren auch darum bemüht sein werden, die Hauptstory bis zum Finale zum Abschluss zu bringen.

Was "Prophet Five" als Staffelauftakt dabei gut gelingt, ist eine neue Mythologie einzuführen, welche sich zwar nicht reibungslos in das bisherige Geschehen einfügt, aber immerhin kompatibel genug erscheint, damit die Stammzuseher am Ball bleiben werden. Michael Vaughn, der immer ein Anker für Sydney und uns Zuschauer in jener verworrenen Welt der Agenten und Doppelagenten gewesen ist, offenbart, dass er nicht ganz der ist, der er zu sein scheint. Dies hängt eben mit der Gruppe 'Prophet Five' zusammen und damit, dass Vaughns Vater einst Teil einer Organisation war, deren Erkenntnisse ihn dazu bewogen haben, sich zu verstecken und sowohl seinen Namen, wie den seines Sohnes zu ändern. Das jahrhundertealte Geheimnis, das jene Männer gelüftet haben, um kryptische Formeln, die in einem mittelalterlichen Buch zu finden waren, erinnert uns spontan an Rambaldi, und man darf gespannt sein, wie die Macher die verschiedenen Elemente miteinander verweben werden – und ob überhaupt. Zwischen den Szenen, in denen wir geballte Informationen zum Hintergrund von 'Prophet Five' vermittelt bekommen, werden immer wieder Verfolgungsjagden eingestreut, und ein Augenmerk auf den zwielichtigen Gordon Dean geworfen. Gleichzeitig bleiben die Details um jenes Objekt, das Vaughn und Sydney beschaffen müssen, aber so vage, dass unser Interesse geweckt bleibt.
Das Erzähltempo, das Alias hierbei vorlegt, lässt sich am besten mit halsbrecherisch beschreiben. Einbrüche, Schießereien, Ortswechsel, all das findet in Augenblicken statt, sodass man beinahe aus den Augen verliert, dass viele Zusammenhänge keinen rechten Sinn ergeben. Wie die Bösen davon erfahren, wo sich die Guten aufhalten, auch wenn die Daten, auf welche die Schurken zugreifen können mit dem derzeitigen Aufenthaltsort nichts zu tun haben? Es scheint nicht wichtig, oder früher zumindest nie gestört zu haben. Damit diese Lücken nicht übermäßig auffallen, ist "Prophet Five" gewohnt rasant geschnitten, mit einer ständigen Bewegung versehen und durch die vielen Actionmomente nie langweilig.

Auch die Vielzahl der Figuren macht ständige Aufmerksamkeit beim Zusehen unabdingbar. Jennifer Garner agiert wie Michael Vartan gewohnt routiniert, Ron Rifkin hingegen würde man mehr zu tun durchaus wünschen. Der übrige Cast wird ergänzt durch Tyrees Allen und David Marshall Grant, die zwar nicht viel zu tun haben, aber damit dennoch im Gedächtnis bleiben. Rachel Nichols wird zwar vorgestellt, aber wohl erst in den kommenden Episoden mehr ins Team eingebunden.

Abrams Hauskomponist Michael Giacchino zeichnet bereits seit Beginn für die musikalische Begleitung der Serie verantwortlich und bleibt seiner Linie in "Prophet Five" erneut treu, auch wenn versierte Zuschauer die zahlreichen Parallelen zu Giacchinos erstklassigem Score des Animationsfilms Die Unglaublichen – The Incredibles [2004] sicherlich heraushören werden.
Einige Elemente aus seinen rhythmischen und großteils dennoch minimalistischen Themen verarbeitete der Musiker sogar später im Soundtrack zu Mission: Impossible III [2006], was die Effektivität seiner Kompositionen hier allerdings nicht schmälert. Als orchestraler und temporeicher Score funktionieren die Melodien tadellos und stimmen Kenner der Serie perfekt auf die Atmosphäre des Alias-Universums ein.

Darin findet man sich auch nach der lange erscheinenden Wartezeit zwischen Staffel vier und fünf sofort wieder zurecht, denn letztendlich bewirkt der augenscheinliche Kurswechsel bei der Story nur, dass die Autoren wieder ein Stück weit von vorn beginnen können. Dass hierfür auch Hauptfiguren geopfert werden, obwohl die Serie nur noch ein Jahr dauert, ist für Fans insbesondere bitter. Zudem ist es nicht nur wenig originell, sondern wurde gerade bei Alias bereits schockierender und überraschender verpackt.


Fazit:
Was die Macher von Alias ihrem Fanpublikum in den kommenden und letzten Episoden bieten werden, lässt sich nur erahnen. Der Aufwand ist nach wie vor sehr hoch, auch wenn die Serie wie gewohnt unter einem enormen Erzähldrang der Autoren leidet – diese packen so viel Stoff in eine 40-Minuten-Episode, dass man daraus ohne Umschweife einen abendfüllenden, zwei Stunden dauernden Thriller hätte gestalten können.
Ziel dieser kaum vorstellbaren Hetzerei ist zweifelsohne, die Storylöcher zu überspielen, was auch bedingt gelingt. Lehnt man sich nach dem Staffelauftakt allerdings zurück, muss man ernüchternd feststellen, dass – vom hohen Produktionsstandard und den guten Darstellern einmal abgesehen – vom ursprünglichen Konzept der Agentenmär nicht viel übrig geblieben ist.
Deshalb bleibt "Prophet Five" dennoch unterhaltsam, aber an Originalität und Einfallsreichtum weit hinter der kongenialen zweiten Staffel der Serie zurück.