Game of Thrones: Staffel 8 [2019]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Juli 2022
Genre: Fantasy / Drama

Originaltitel: Game of Thrones: Season 8
Laufzeit: 432 min. (6 Episoden)
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: David Nutter, Miguel Sapochnik, David Benioff, D. B. Weiss
Musik: Ramin Djawadi
Besetzung: Peter Dinklage, Nikolaj Coster-Waldau, Lena Headey, Emilia Clarke, Kit Harington, Sophie Turner, Maisie Williams, Liam Cunningham, Nathalie Emmanuel, Alfie Allen, John Bradley, Isaac Hempstead Wright, Gwendoline Christie, Conleth Hill, Rory McCann, Jerome Flynn, Kristofer Hivju, Joe Dempsie, Jacob Anderson, Iain Glen, Hannah Murray, Carice van Houten


Kurzinhalt:

Nicht nur, dass die Untoten die große Mauer durchbrochen haben, Cersei Lannister (Lena Headey) bricht ihr Wort, die Armee der Menschen im Kampf gegen die der Toten zu unterstützen. In Königsmund verschanzt, trifft sie Vorbereitungen, Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) und ihren Drachen zu begegnen. Auf Winterfell erkennt diese, dass Jon Schnees (Kit Harington) Geheimnis die gemeinsame Zukunft unmöglich machen könnte, zumal Sansa (Sophie Turner) und Arya (Maisie Williams) der Drachenkönigin misstrauen. Ebenso, wie Varys (Conleth Hill) zusehends Zweifel hegt, während Tyrion Lannister (Peter Dinklage) nach wie vor von ihr als Königin überzeugt ist. Doch ihre Differenzen müssen zurückstehen, als der Nachtkönig vor den Toren Winterfells steht, um Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) nach seiner Wandlung zu vernichten. Mit der Armee der Wildlinge um Tormund (Kristofer Hivju), den Unbefleckten unter Grauer Wurm (Jacob Anderson), Kämpfern wie dem „Bluthund“ (Rory McCann), Brienne von Tarth (Gwendoline Christie) und sogar Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau), entscheidet sich das Schicksal der Menschheit in der Schlacht gegen die Armee der Toten im hohen Norden …


Kritik:
In einer der nur sechs Episoden der letzten Staffel der Fantasy-Serie Game of Thrones stellt Peter Dinklage in der Rolle des Tyrion Lannister fest, dass wenn keine der Seiten mit einer Lösung zufrieden ist, man dies wohl einen guten Kompromiss nennt. Wie ein Kompromiss fühlt sich Staffel 8 letztlich auch an – ob wie ein guter, sei dahingestellt. Nach wie vor so erstklassig wie aufwändig gemacht und von einer tollen Besetzung verkörpert, entgleitet den Verantwortlichen im finalen Jahr der inhaltliche Faden zusehends. Und das, ohne dass es wirklich notwendig wäre.

Wie die vergangene Staffel, basiert die achte nicht auf Vorlagen von George R. R. Martin, der den Autorinnen und Autoren jedoch erneut als Quelle zur Verfügung stand, so dass die inhaltliche Ausrichtung seiner Vision zumindest in Zügen entsprechen dürfte. Doch scheint es, als wären die Showrunner David Benioff und D. B. Weiss an den Geistern verzweifelt, die sie selbst gerufen haben. Beschlich einen in den vergangenen Staffeln bereits mitunter der Eindruck, als wären sie von der Unvorhersehbarkeit ihrer Erzählung derart überzeugt, dass sie Wendungen oder Auflösungen präsentierten, die für ein aufmerksames Publikum lange absehbar waren, wirken sie nun darauf aus, den Erwartungen des Publikums zuvorzukommen. Erkennbar wird dies beispielsweise an der großen Hintergrundgeschichte um den sich anbahnenden Krieg gegen die weißen Wanderer und die Armee der Toten. Lange wird vorbereitet, dass sich die Menschen trotz ihrer Streitigkeiten und Konflikte werden zusammenraufen müssen, um dieser Bedrohung zu begegnen. Doch anstatt dass ganz Westeros gegen die weißen Wanderer kämpfen würde, entscheiden sich die Verantwortlichen für einen anderen Weg. Auch hat es seit Jahren bereits den Anschein, als würde die Geschichte darauf hinauslaufen, dass Jon Schnee einst Herrscher über die Sieben Königslande würde. Der Eindruck wird durch eine Offenbarung in der vergangenen Staffel sogar noch verstärkt. Doch beschreitet Staffel 8 auch hier einen anderen Pfad, so dass die Facette der Figur schließlich vollkommen verpufft.

Überhaupt sind es die Charaktere, die hier kaum überzeugen wollen. Waren sie bisher durch ihren Werdegang, ihren persönlichen Weg einer Wiedergutmachung für getanes Unrecht definiert, führt der Verlauf der Handlung diese Entwicklung oftmals ad absurdum. Und hierbei ist nicht gemeint, dass sich die vermeintlich schlauesten Figuren beim Kampf gegen einen Feind, der die Toten wiederauferweckten kann, ausgerechnet in einer Krypta verstecken – umgeben von Toten, die wiedererweckt werden können. Oder dass Daenerys, anstatt ihren Feuer speienden Drachen bei einem Angriff einzusetzen, lieber abdreht und eine Episode später angreift, anstatt manche Gefahren hier und jetzt zu beenden. Es ist vielmehr, dass persönliche Entwicklungen der vergangenen sieben Jahre, in denen Figuren ihren Weg gefunden haben, in denen sie Ideale gewonnen haben und zu Symbolen einer besseren Welt geworden sind, hier auf null gesetzt werden. Einst unsympathische Personen, die sich zum Besseren wandelten, erklären in einer Szene, dass sie nicht wirklich gut seien, und setzen sich quasi auf den Anfangspunkt zurück. Eine Figur mit einem höheren Ziel entpuppt sich als zerstörerisch und gefährlich, ohne dass die Serie dafür eine plausible Erklärung liefern würde.

Es ist, als wollten Weiss und Benioff die Erwartungen des Publikums über den Verlauf der Handlung um jeden Preis unterlaufen und zeigen so, wie manche Figuren, denen man bereitwillig gefolgt ist, nun den Tod von vermutlich hunderttausenden Menschen verantworten – ohne dass dies in irgendeiner Weise notwendig wäre. Wieso sollte man diesen Figuren dann noch folgen wollen? Den Abstieg eines Anführers in den Größenwahn zu beobachten, wäre legitim, wenn das Drehbuch hierfür irgendwelche Anhaltspunkte liefern und sich die Zeit nehmen würde. Anstatt Figuren bei ihrem Kampf gegen die innersten Unsicherheiten und Ängste zu begleiten, verabschiedet Game of Thrones tragende Charaktere an ihrem Tiefpunkt. Das ist im besten Fall unbefriedigend, im schlimmsten sogar regelrecht ärgerlich. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, welch geradezu stümperhaften Erzählfehler sich hier einschleichen, am besten zu sehen, wenn sich Arya am Ende einer Episode auf ein Pferd schwingt, um aus der Stadt zu reiten, um zu Beginn der nächsten Folge erneut zu Fuß in derselben Stadt unterwegs zu sein. Oder wenn eine Armee von Reitern in einer Schlacht gefallen ist, um bei der nächsten zahlenmäßig noch größer wieder aufzutauchen. Ganz zu schweigen davon, dass der Winter in Königsmund nur szenenweise Einzug hält. Die gesamte Erzählung wirkt durch ihre Komprimierung auf sechs Episoden in einer Art und Weise gehetzt, als wäre den Beteiligten schlicht die Zeit ausgegangen.

Game of Thrones: Staffel 8 ist mehr um eindrucksvolle Bilder, um Momente bemüht, die sich fantastisch in eine Vorschau einbinden lassen, als tatsächlich darum, eine inhaltlich kohärente Geschichte zu erzählen. So wird der Hintergrund der weißen Wanderer, der bereits angedeutet wurde, nicht weiter vertieft. Auch das Schicksal zahlreicher Häuser in Westeros wird kaum vorangetrieben und ein zeitlich nicht näher definierter Sprung beim Finale wirkt ebenfalls mehr gewollt, denn natürlich. Die Art und Weise, wie viele Figuren hier „verabschiedet“ werden, scheint diesen darüber hinaus nicht angemessen.

Bedauerlich ist das insofern, als dass auch die letzte Staffel in vielerlei Hinsicht über jegliche Kritik erhaben ist. Handwerklich ist insbesondere die oftmals kritisierte dritte Episode, „Die lange Nacht“, in der es endlich zur großen Konfrontation der Menschen mit dem Nachtkönig und der Armee der Toten kommt, geradezu überragend. Bei der ursprünglichen Ausstrahlung dafür kritisiert, dass die Bilder zu dunkel seien, entpuppt sich die Folge bei der richtigen Quelle (4K Ultra HD-Disc mit Dolby Vision HDR) und einer entsprechenden Ausgabemöglichkeit im Heimkino als optisch überwältigend. Unbestritten düster, aber fantastisch detailreich und mit einer geradezu erschlagenden Inszenierung der Übermacht der Armee der Toten. Auch die letzten Episoden sind aufwändig in Szene gesetzt, wohingegen die ersten beiden Folgen an die Ruhe vor dem Sturm erinnern, als wollten die Autoren die Figuren zusammenbringen, um ihnen nochmals die Gelegenheit zum Durchatmen zu geben. Doch sind es eben oftmals nicht diese Highlights, die in Erinnerung bleiben, sondern die letzten Episoden und insbesondere die Momente, mit denen die tragenden Figuren verabschiedet werden.
In einem Interview meinte einer der Hauptdarsteller, das Finale sei eines von beidem „enttäuschend“ oder „episch“. Er hat bedauerlicherweise nicht Unrecht.


Fazit:
Es gibt Figuren in Game of Thrones, deren Weg endet genau dort, wo man sie als Zuschauerin oder Zuschauer schließlich gesehen hätte. Sie scheinen angekommen und ihren Frieden gefunden zu haben. Bei anderen jedoch bleibt das Gefühl, als hätten die Autorinnen und Autoren nicht gewusst, wie sie sie weiter hätten entwickeln sollen. Ähnlich verhält es sich mit der Hintergrundgeschichte insgesamt, die so lange auf bestimmte Dinge zusteuert, bei denen man – wären sie so eingetroffen – hätte sagen können, dass sie kaum überraschen, aber mitreißend umgesetzt waren. Die Showrunner entscheiden sich jedoch anders und entwickeln die Geschichte in viel zu kurzer Zeit mit Handlungssprüngen in Richtungen, die viele Opfer der Figuren hohl erscheinen lassen, ganz ungeachtet der teils absurden Charakterentwicklungen oder inhaltlichen Ungereimtheiten. Nach dem Ende der Serie scheint niemand mit diesem Ergebnis wirklich zufrieden. Weder das Publikum, das seinem Unmut im Internet Luft machte, noch die Darstellerinnen und Darsteller, die sich selbst abfällig über die Entwicklungen in Interviews äußerten, oder das Studio, das mit mehreren Nachfolgeserien versucht, das Ansehen des Franchise in eine andere Richtung zu lenken. Insoweit, ja, fühlt sich Game of Thrones: Staffel 8 an wie ein Kompromiss. Nur leider einer, der aus all den falschen Gründen in Erinnerung bleibt und mit dem kaum jemand glücklich ist. Das wird dem dahinter stehenden Aufwand oder dem Talent vor der Kamera leider nicht gerecht. Von beidem gibt es hier genügend zu entdecken, auch wenn es sich auf Grund der Begleitumstände kaum einprägen wird. Schade.