They Want Me Dead [2021]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. Juni 2021
Genre: Action / Drama / Thriller

Originaltitel: Those Who Wish Me Dead
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: Kanada / USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Taylor Sheridan
Musik: Brian Tyler
Besetzung: Angelina Jolie, Finn Little, Jon Bernthal, Aidan Gillen, Nicholas Hoult, Jake Weber, Medina Senghore, Tyler Perry, Boots Southerland, Tory Kittles, James Jordan, Lora Martinez-Cunningham, Howard Ferguson Jr., Ryan Jason Cook, Laura Niemi


Kurzinhalt:

Ein Jahr nach einem tragischen Einsatz ist die Feuerspringerin Hannah (Angelina Jolie) bei der Feuerwehr für die Forstaufsicht tätig. In ihrem Feuerwachturm hält sie nach Anzeichen von Waldbränden in Montana Ausschau. Dann entdeckt sie bei einem Bachlauf den jungen Connor (Finn Little), der zusammen mit seinem Vater Owen (Jake Weber) auf der Flucht war, als ihr Auto in den Kugelhagel der Attentäter Jack (Aidan Gillen) und Patrick (Nicholas Hoult) geriet. Connor konnte entkommen, doch in Anbetracht der Informationen, die sein Vater ihm weitergegeben hat, ist er ebenfalls in das Visier der Angreifer geraten. Um den örtlichen Polizisten Ethan (Jon Bernthal) abzulenken, legen die Schurken ein Feuer im Wald und schneiden so Hannah und Connor den Weg ab …


Kritik:
Taylor Sheridans prominent besetzter Thriller They Want Me Dead bringt im Grunde alle Eigenschaften mit, die ein erfolgreicher Sommer-Film für Erwachsene benötigen würde. Doch die vielversprechende Ausgangslage entpuppt sich am Ende als bedeutend weniger mitreißend, als vermutet. Ob das womöglich sogar eben der Tatsache geschuldet ist, dass die Geschichte sich zu sehr auf Michael Korytas Romanvorlage Die mir den Tod wünschen [2014] stützt, vermögen nur dessen Leserinnen und Leser zu beantworten. Aber während eine Geschichte in Buchform bedeutend mehr Möglichkeiten bietet, Figuren auszuarbeiten und eine größere Bandbreite von ihnen vorzustellen, erscheinen die Beteiligten in They Want Me Dead geradezu unverständlich schwach ausgearbeitet.

Der Film beginnt mit einer Traumsequenz von Hauptfigur Hannah, gespielt von einer spürbar stärker engagierten Angelina Jolie, als die Drehbuchvorlage verdienen würde. Der Alptraum führt sie zu einem Ereignis zurück, das vor einem Jahr geschah und bei dem sie als Feuerwehrfrau und Feuerspringerin den Tod von mehreren Menschen bei einem verheerenden Waldbrand beobachten musste. Es sind Eindrücke, die sie im Lauf der Erzählung wieder einholen werden und wenn man weiß, dass im Lauf des Films erneut ein riesiges Feuer ausbricht, möchte man vermuten, dass dies Hannah an den Punkt bringt, ihr Trauma zu verarbeiten. Nur wirklich greifbar wird diese Entwicklung nicht. They Want Me Dead stellt sie als Figur vor, die sich selbst in Gefahr bringt, die in Selbstmitleid versinkt und vermutlich sogar ihrem Leben ein Ende setzen möchte. Aber als tatsächlich traumatisierte, gebrochene Figur wird Hannah nicht vorgestellt. Dafür sind ihre lockeren Kommentare zu oberflächlich, ihr Blick nie hoffnungslos oder leer genug.

Parallel dazu stellt Sheridan den alleinerziehenden Owen und seinen Sohn Connor vor. Als Owen in den Nachrichten hört, dass das Haus des Bezirksstaatsanwalts explodiert ist, ahnt er, dass er in großer Gefahr schwebt und tatsächlich lauern ihm zwei Attentäter auf, so dass Connor wenig später vollkommen auf sich gestellt ist. Alles, was das Publikum über Owen erfährt ist die Tatsache, dass er forensischer Buchhalter und sein Wissen für bestimmte Personen offenbar sehr gefährlich ist. Welches Wissen das genau ist, darüber schweigt sich They Want Me Dead aus, deutet jedoch mehrmals eine große Verschwörung von mächtigen Personen oder gar innerhalb von Strafverfolgungsbehörden an. Wer vermutet, dass dieser Storyzweig für die letztlich Auflösung wichtig wäre, wird enttäuscht werden, es handelt sich hierbei letztlich nur um ein „MacGuffin“, ein Element der Story, das zwar notwendig ist, um die Story in Gang zu setzen, mit dem sich das Drehbuch selbst jedoch nicht weiter beschäftigt. Da allerdings die Verschwörung und sogar die Hintermänner mehrmals angesprochen bzw. sogar gezeigt werden, macht es den Umstand, dass sie am Ende keine Rolle mehr spielen nur umso ärgerlicher.

Seltsamerweise wählt Filmemacher Taylor Sheridan (Wind River [2017]) auch einen möglichen zweiten Ansatzpunkt nicht: Mit zwei Attentätern, die geradezu verzweifelt den jungen Connor ausfindig machen müssen, könnte They Want Me Dead als schweißtreibende Jagd auf Connor und Hannah angelegt sein, vor dem Hintergrund des sich ausbreitenden Feuers, quer durch den Wald. Dabei könnten auch Hannahs berufsbedingte Fähigkeiten gefragt sein, sich des Feuers zu erwehren, oder es gezielt auf ihre Verfolger zu lenken.
Stattdessen dauert es mehr als eine Stunde, ehe sich die beiden Erzählstränge – Hannah und Conner einerseits sowie die beiden Attentäter Jack und Patrick andererseits – überhaupt treffen. Dies ist auch weniger der erfolgreichen Verfolgung der beiden Angreifer zu verdanken, als einem glücklichen Zufall. Das Feuer, das von Jack als „Ablenkung“ gelegt wird, ist nicht mehr als ein düsterer Hintergrund für das Finale der Erzählung und Hannahs geforderte Fertigkeiten als Feuerwehrfrau oder Feuerspringerin sind an den Fingern einer Hand abzuzählen. Dass die Figuren allesamt ziemlich viel einstecken bzw. aushalten müssen, qualifiziert den Film dabei nur für ein älteres Publikum und sieht man, wie den beiden Bösewichten zugesetzt wird, fühlt man sich beinahe an Kevin - Allein zu Haus [1990] erinnert.

Unbestritten, mit den persönlichen Verbindungen sowohl zwischen Connor und dem Polizisten Ethan als auch zwischen Ethan und Hannah, deutet They Want Me Dead komplexere Zusammenhänge an. Doch mehr als Andeutungen, die aus jeweils einem Satz bestehen, werden daraus nicht. Doch ohne diese Verknüpfungen herzustellen und zentrale Figuren zu vertiefen, versandet der Film als Drama in einer zu offensichtlichen Oberflächlichkeit. Für einen packenden Thriller jedoch konzentriert sich die Spannung auf zu wenige Momente, die allesamt nach zu bekannten Mustern ablaufen. Das klingt letztlich negativer, als der Film in Erinnerung bleibt. Es unterstreicht jedoch, weshalb Regisseur Sheridan das Potential der Idee hier nicht zu nutzen vermag.


Fazit:
Von der namhaften Besetzung stehen vor allem der junge und sehr engagierte Finn Little sowie Angelina Jolie hervor, die sich merklich bemüht, ihrer Figur eine Tiefe zu verleihen, selbst wenn sich das Drehbuch diese Mühe nicht gibt. Auch die Auftritte von Medina Senghore als Ethans schwangere Frau Allison sind bemerkenswert. Sie heben den Thriller, der sich inhaltlich bestenfalls auf dem Niveau einer Videoproduktion bewegt, deutlich darüber hinaus. Doch anstatt eine packende Jagd vor dem Hintergrund des sich ausbreitenden Waldbrandes zu bieten, dauert es nicht nur spürbar lange, ehe sich die parallel erzählten Storystränge überhaupt treffen, die Feuerbekämpfung steht hier nie auch nur zur Debatte. Der Waldbrand sorgt vielmehr für das durchaus atmosphärische und auf erschreckende Weise sommerliche Licht und Flair der Geschichte beim Finale. All das ist handwerklich durchweg sauber eingefangen mit teils tollen Naturaufnahmen, wenn auch mit Trickeffekten, die von unscheinbar bis allzu offensichtlich schwanken. Nur wird They Want Me Dead so nie den Möglichkeiten gerecht, die die Verantwortlichen selbst in der Filmvorschau präsentieren. Das Ergebnis ist für ein älteres Publikum zwar dennoch unterhaltsam und mit einigen spannenden Momenten versehen, aber nie so mitreißend, dass man ernsthaft zweifeln würde, wie die Geschichte endet.