Star Trek: Discovery – Staffel 3 [2020]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 1. Mai 2021
Genre: Science Fiction / Fantasy / Action / Drama

Originaltitel: Star Trek: Discovery – Season 3
Laufzeit: 671 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Olatunde Osunsanmi, Jonathan Frakes, Hanelle M. Culpepper, Maja Vrvilo, Douglas Aarniokoski, Jon Dudkowski, Omar Madha, Chloe Domont, Norma Bailey
Musik: Jeff Russo
Besetzung: Sonequa Martin-Green, Doug Jones, Anthony Rapp, Mary Wiseman, David Ajala, Wilson Cruz, Rachael Ancheril, Michelle Yeoh, Tig Notaro, Blu del Barrio, Oded Fehr, Emily Coutts, Oyin Oladejo, Janet Kidder


Kurzinhalt:

Um den Fortbestand allen Lebens im Universum zu sichern, ist Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) zusammen mit der USS Discovery in die Zukunft gereist. Im Jahr 3188 angekommen, ist die gute Nachricht für Captain Saru (Doug Jones) und die Crew, dass ihre Mission ein Erfolg war. Doch die Zukunft ist anders, als sie erwartet haben. Wie Burnham von dem Kurier Book (David Ajala) erfährt, existiert die Föderation in dieser Zeit so gut wie nicht mehr. Ein Ereignis, das als der „Kollaps“ bekannt ist, hat nicht nur die Sternenflotte beinahe ausgelöscht, sondern auch das interstellare Reisen stark eingeschränkt. So macht sich die Crew der Discovery auf die Suche nach der Ursache für den Kollaps und nach dem, was von der Föderation übrig geblieben ist. Den Hinweisen folgend, lernen sie nicht nur neue Verbündete kennen, sondern geraten auch ins Visier des Syndikats „Emerald Chain“, deren Anführerin Osyraa (Janet Kidder) mit ihren skrupellosen Methoden für Schrecken sorgt. In einem Universum, in dem die Quelle für den Warp-Antrieb kaum zu finden ist, ist ein Raumschiff wie die Discovery mit ihrem Sporenantrieb dabei wertvoller, als goldgepresstes Latinum …


Kritik:
Die dritte Staffel der Science Fiction-Serie Star Trek: Discovery hinterlässt den Eindruck eines All-Inclusive-Büffets. Das Publikum bekommt von allen Geschmacksrichtungen etwas geboten – von vollkommen erschlagender Action über absurde Fantasystories bis hin zu melodramatisch schluchzenden Figuren – doch so übersättigt man am Ende auch sein mag, gegen ein in sich abgestimmtes, kleines Menü kommt das schiere Bombardement an unterschiedlichen Stilrichtungen nicht an. Zwar versuchen die Verantwortlichen, einige der drängendsten Unstimmigkeiten der Serie endlich aufzulösen, doch was in ferner Zukunft auf Zuschauerinnen und Zuschauer wartet, hat kaum etwas mit Science Fiction zu tun – und nur bedingt mit Star Trek.

Ursprünglich angesiedelt in der Mitte des 23. Jahrhunderts, wenige Jahre, bevor innerhalb des Science Fiction-Universums die legendäre Fünfjahresmission von Captain Kirk und der USS Enterprise, NCC-1701, begann, stellte sich Discovery bereits von Anfang an selbst vor ein großes Problem innerhalb der eingeschworenen Fan-Gemeinschaft. Wollte man nicht die bisherigen Serien ad absurdum führen, müsste das Titel gebende Raumschiff technisch auf dem Niveau einer Fernsehserie aus dem Jahr 1966 sein. Darüber hinaus müssten sich sämtliche Geschichten innerhalb des in 50 Jahren immens angewachsenen und verschachtelten Film- und Serien-Universums bewegen. Beidem wurden die Macher nicht gerecht und so scheint es nur folgerichtig, dass Star Trek: Discovery ab der dritten Staffel nicht mehr vor beinahe allen anderen Serien spielt, sondern deutlich danach.

Zu Beginn der Season landet die von Sonequa Martin-Green mit sichtlicher Hingabe gespielte Hauptfigur Michael Burnham im Jahr 3188, 930 Jahre in der Zukunft. Wieder vereint mit ihrer Crew muss sie feststellen, dass viel geschehen ist und die Vereinte Föderation der Planeten nicht mehr, als ein Gespenst der Vergangenheit ist. Etwas mehr als 100 Jahre zuvor hat ein Ereignis, das nur der „Kollaps“ genannt wird, nicht nur die Föderation und ihre Sternenflotte, sondern das interplanetare Reisen allgemein so gut wie zum Erliegen gebracht. Weite Teile der Galaxie werden von der „Emerald Chain“ kontrolliert, einem Syndikat der Andorianer und Orioner, das seine Macht durch Erpressung und rohe Gewalt behält, während der Sklavenhandel eine große Einnahmequelle darstellt. In einem Universum, in dem die Quelle für interplanetare Reisen ein rares Gut darstellt, ist die Discovery mit ihrem revolutionären, alternativen Antrieb nicht nur ein Zeichen der Hoffnung, sondern vor allem heiß begehrt. So widmet sich Staffel 3 nicht nur dem Aspekt, wie sich die Crew um Captain Saru in dieser neuartigen Welt zurechtfindet, sondern auch den zwei großen Fragen, wo der verschollene Rest der Föderation zu finden ist, sowie, was den Kollaps verursacht hat.

Dass die Crew dabei in der Emerald Chain und ihrer Anführerin Osyraa eine neue Gegnerin findet, ist keine Überraschung, wohl aber, wie wenig Raum diese Organisation letztlich in den nur 13 Episoden der dritten Season einnimmt. Eine bedeutende Rolle spielt die durchaus interessante Figur Osyraa lediglich in den letzten drei Episoden der Staffel, die als zusammenhängende Geschichte erzählt werden. Bis es soweit ist, widmet sich Star Trek: Discovery nicht nur der Suche nach der Föderation, sondern führt auch neue Figuren wie Adira Tal ein, die eine größere Rolle zugeschrieben bekommt. Immerhin, und dies sei den Machern zugute gehalten, werden auch die bestehenden Charaktere vertieft, von Fähnrich Tilly, über Ingenieur Stamets bis hin zu dem vielleicht zugänglichsten Charakter von allen: Dem aufrichtigen und herzensguten Schiffsdoktor Hugh Culber. Dass Michael Burnham sich als Figur weiterentwickeln soll, ist im Grunde eine gute Idee, nur ist ihre Wandlung innerhalb der Staffel weder so umfangreich, wie die Kommentare ihrer Begleiterinnen und Begleiter weismachen wollen, noch gibt es spürbare Auslöser für ihre Entwicklung. Immerhin verleiht ihr die Romanze mit Book einen Ansatzpunkt, mit dem nur wenige Figuren in Stark Trek-Serien bedacht wurden. Der könnte als Figur des 32. Jahrhunderts einen einzigartigen Blick auf die Galaxie und Discovery in ihr mitbringen, doch nimmt sich die Erzählung kaum Zeit, dass diese Figuren in normalem Tempo miteinander sprechen würden. Sind sie beide zu sehen, werden sie mit so viel Dialog überschüttet, dass es kaum ruhige Momente gibt.

Ähnlich sieht es bei der überflüssigsten Figur der gesamten Staffel aus, der von der großartigen Michelle Yeoh gespielten Spiegeluniversums-Herrscherin Philippa Georgiou. Sie mimt hier eine griesgrämige Person, die nichts, überhaupt rein gar nichts zur Serie beiträgt, aber im Zweiteiler Terra Firma mit einem eigenen Abschluss versehen wird. Dass die Macher damit die Brücke zu einer Geschichte der ersten Serie schlagen, sei ihnen angerechnet, notwendig ist der ganze Storyzweig nicht und scheint mehr Fan-Service zu sein, als alles andere. Ähnlich sieht es mit der Folge Wiedervereinigung Teil III aus, die an einen erstklassigen Zweiteiler aus der Ära von Captain Picard anknüpft. Zwar ist die Folge eine der besten der Discovery-Staffel, doch sieht man darin den verstorbenen Leonard Nimoy als Ausschnitt aus der inzwischen 30 Jahre alten Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert [1987-1994]-Episode, dann kann man als Kenner des Franchise nicht anders, als sich wundern, wo das Talent, solche Dialoge wie seinen zu schreiben, geblieben ist. Dagegen klingen die allermeisten in Star Trek: Discovery geradezu plump.

Allerdings, das sei dazu gesagt, gibt es auch hier immer wieder Ausnahmen. Einzelne Elemente der Folgen, mache Dialoge, insbesondere mit dem von Doug Jones eindrucksvoll gespielten Kelpianer Saru, sind mehr als nur gelungen und lassen erkennen, was diese Serie sein könnte. Auch gewinnt Staffel 3 spürbar durch Gastauftritte wie denjenigen von Oded Fehr als Admiral Vance. Auf die 13 Episoden gesehen, sind diese Lichtblicke jedoch spürbar selten und wird im Finale das Ende jeder Bösewichtsfigur von einem „coolen“ Spruch der Heldinnen und Helden begleitet, dann findet sich die Erzählung schnell auf dem Niveau einer wenig geistreichen Fanproduktion wieder. Anders sind auch Geschichten wie die vorletzte Folge Es gibt Gezeiten… kaum zu erklären, in der Michael Burnham eine gekaperte Discovery zurückerobern will. Zwar erinnert dies inhaltlich an die Das nächste Jahrhundert-Folge In der Hand von Terroristen, doch während jene Folge die Prämisse mit amüsanten Ideen umsetzte und ein beinahe leeres Raumschiff genauer vorstellte, das man bereits jahrelange in- und auswendig kennengelernt hatte, werden nun innerhalb der Discovery riesige, Lagerhaus große Freiräume gezeigt, in denen Turbolifte durch das Nichts schweben. All das ergibt weder inhaltlich, noch was die gezeigte Technik anbelangt, irgendeinen Sinn. Es sieht vielmehr wohl nur so aus, damit es eben „cool“ aussieht. Dank der unumwunden eindrucksvollen Trickeffekte können die Schauwerte von Star Trek: Discovery auch nach wie vor überzeugen. Mehr als Schauwerte gibt es hier jedoch auch nach wie vor nicht zu entdecken.


Fazit:
Nach dem Serienauftakt, dem inhaltlichen Neustart kurz danach sowie der Neuausrichtung in der zweiten Staffel mit Gastfiguren, die interessanter erschienen, als die Stammbesetzung, erfindet sich Star Trek: Discovery in Staffel 3 mit einem Sprung in eine neue Zeit und ein unbekanntes Universum abermals neu. Es scheint für die Verantwortlichen hinter der Kamera offenbar einfacher, als neue Geschichten in einem vertrauten Universum zu erzählen. Mit vielen Anleihen an die vorangegangenen Serien, sei es der Name von Raumschiffen (die USS Yelchin als Tribut an den verstorbenen Darsteller Anton Yelchin aus den jüngsten Kino-Filmen ist sehr gelungen), Spezies oder Planeten, wird dennoch der Eindruck erzeugt, diese Geschichten seien Teil des vertrauten Star Trek-Universums. Ideen wie die Emerald Chain könnten dabei helfen, frischen Wind in die Erzählungen zu bringen, doch daraus macht die Serie bedauerlicherweise zu wenig. Überhaupt lassen die Geschichten eines vollständig vermissen, was alle Star Trek-Serien wenigstens zeitweise, trotz der womöglich ernsten Grundsituation versprüht haben: Spaß. Keine einzige Episode vergeht hier, ohne dass eine Figur, meist die Hauptfigur, tränenüberströmt in die Kamera blickt. Das wäre deprimierend, würden einem die Figuren ans Herz wachsen, ist aber lediglich eintönig und uninspiriert. Dabei stellen die Stories nach wie vor keine oder kaum Bezug zu gesellschaftlich relevanten Themen her. Die fortgeschrittene Technologie hat zu unserer heutigen so wenig Bezug, dass man dies kaum mehr als Blaupause für inspirierte Ingenieurskunst nehmen kann, sondern es ebenso wie Materie beeinflussende Gefühlsausbrüche oder in einer holographischen Computersimulation manifestierte Gedankenprojektionen (kein Scherz) schlicht als Fantasy beiseitelegen muss. Das viel zu lang gezogene Staffelfinale leidet wie viele einzelne Folgen am offensichtlichsten daran, dass der Verlauf der Geschichten allzu oft in bekannten Bahnen verläuft und lange absehbar ist. Wo sich die von einer talentierten Besetzung gespielten Figuren am Ende der Staffel befinden, ist insofern in keiner Weise überraschend oder gar nur unerwartet. Wohl aber, dass offenbar nicht nur an einer vierten, sondern auch bereits an einer fünften Season gearbeitet wird. Groß ist die Hoffnung nicht, dass Star Trek: Discovery endlich ihren Platz finden wird. Wirklich angekommen scheint sie bislang trotz des sichtlichen Aufwands jedenfalls immer noch nicht.