Sudden Death [1995]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Januar 2021
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Sudden Death
Laufzeit: 111 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Peter Hyams
Musik: John Debney
Besetzung: Jean-Claude Van Damme, Powers Boothe, Raymond J. Barry, Whittni Wright, Ross Malinger, Dorian Harewood, Kate McNeil, Michael Gaston, Audra Lindley, Brian Delate, Steve Aronson


Kurzinhalt:

Der ehemalige Feuerwehrmann Darren McCord (Jean-Claude Van Damme) arbeitet als Brandschutzbeauftragter im Eishockeystadion von Pittsburgh. Dort laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, denn beim Endspiel des Stanley Cups wird auch der Vizepräsident (Raymond J. Barry) der Vereinigten Staaten anwesend sein. Doch unmittelbar nach Anpfiff wird der Vizepräsident von Joshua Foss (Powers Boothe) und seinen Schergen als Geisel genommen. Seine Forderung: Während jedes Spieldrittels muss von der US-Regierung Geld von bestimmten Konten zu ihm überwiesen werden, sonst tötet er Anwesende und sprengt am Ende das ganze Stadion in die Luft. Die Zugänge werden durch Foss’ Leute überwacht, so dass der Einsatzleiter des Secret Service, Hallmark (Dorian Harewood), nicht hinein kann. Sein einziger Trumpf ist McCord, der auf die Terroristen aufmerksam wird und dessen Kinder Tyler (Ross Malinger) und Emily (Whittni Wright) mit ihm im Stadion sind …


Kritik:
Sieben Jahre, nachdem Filmemacher John McTiernan Bruce Willis mit dem Thriller Stirb langsam [1988] als Actionheld etablierte, wagt sich Regisseur Peter Hyams an einen weiteren Klon der Genre prägenden Vorlage. Im selben Jahr, in dem Stirb langsam - Jetzt erst recht [1995] in die Kinos kam, findet sich Jean-Claude Van Damme in Sudden Death in der Rolle eines Feuerwehrmannes wieder, der in einem voll besetzten Eishockeystadion eine Gruppe Terroristen abwehren muss. Die kurzweilig klingende Idee leidet bedauerlicherweise gleichermaßen unter den handwerklichen wie inhaltlichen Schwächen ihrer Umsetzung.

Nur ein Jahr, nachdem Hyams und Van Damme bei dem Science Fiction-Thriller Timecop [1994] zusammengearbeitet haben, brachte der aus Belgien stammende, auch „The Muscles from Brussels“ genannte Darsteller den Regisseur zu Sudden Death hinzu. Dass Actiongrößen wie Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone und auch Bruce Willis die Hauptrolle zuvor ablehnten, sollte Interessenten bereits hellhörig machen. In ihre Fußstapfen tritt Jean-Claude Van Damme als Feuerwehrmann Darren McCord, der sein Leben zwei Jahre nach einem tragischen Einsatz endlich wieder in den Griff zu bekommen scheint. Inzwischen als Brandschutzbeauftragter beim städtischen Eishockeystadion in Pittsburgh angestellt, bringt er seinen Sohn und seine Tochter zum letzten Spiel des Cups, bei dem sogar der Vizepräsident der Vereinigten Staaten anwesend sein wird. Doch dann werden die Ehrengäste in der abgeschirmten Loge als Geiseln genommen und Terroristenanführer Joshua Foss (dessen Name im Film nie genannt wird) will von der US-Regierung Geld erpressen. Sonst stirbt nach dem ersten Drittel eine Person im Raum, nach dem zweiten Drittel zwei und bei Spielende will er das ganze Stadion in die Luft sprengen.

Das klingt nicht uninteressant, doch versteht Drehbuchautor Gene Quintano nichts daraus zu machen. Dass die Idee zum Film von der späteren Filmproduzentin Karen Elise Baldwin stammt, deren Ehemann Howard Baldwin das Eishockeyteam der Pittsburgh Penguins, die hier zu sehen sind, teilweise gehört, ist für das Hintergrundverständnis der Produktion nicht unwichtig. Sudden Death beginnt mit dem tragischen Feuerwehreinsatz von McCord, der jedoch für den Verlauf des Films keinerlei Rolle mehr spielt. Weder ist sein Trauma später von Bedeutung, noch erklärt sein voriger Beruf, weshalb er offenbar Martial Arts-Experte mit Expertisen in Handfeuerwaffen und Sprengsätzen ist, wenn er sich – nach gefühlt sehr langer Zeit – der Schurken mit ganzem Körpereinsatz annimmt. Dass er außerdem im Stile von MacGyver [1985-1992] aus Haushaltsgegenständen Waffen zaubert, die er gegen seine Feinde einsetzt, muss ebenfalls einem seiner unbekannten Hobbys geschuldet sein. Wäre er ein ehemaliger Polizist, der inzwischen als Chemielehrer arbeitet, wäre sein Verhalten während der Belagerung zumindest glaubwürdiger.

In jedem Fall sieht er sich einem namenlosen und von Powers Boothe gespielten Schurken gegenüber, der keinerlei Motivation erkennen lässt, weshalb er tut, was er tut, oder weshalb er so böse ist, Zivilisten zu erschießen. Von der Kultiviertheit des Stirb langsam-Bösewichts ist er ebenso weit entfernt wie von der brachialen Skrupellosigkeit eines Franz Sanchez, dem Antagonisten in James Bond 007 - Lizenz zum Töten [1989]. Nach seinem Plan hat die amerikanische Regierung sehr viel Geld in kürzester Zeit zu überweisen, ansonsten tötet er Menschen. In derselben kurzen Zeit hat McCord Bomben zu entschärfen, sich eines Dutzend Terroristen zu entledigen, mehrmals umzuziehen und seine eigenen Fallen aufzustellen. Außerdem muss er mehrmals in dem gesamten, kuppelförmigen Stadion umher rennen. Sudden Death legt sich selbst ein absurdes Zeitkonzept auf, das Tempo suggerieren soll, am Ende aber schlicht unglaubwürdig erscheint. Gleichzeitig fehlen offenbar viele Episoden aus der Geschichte. So sind urplötzlich die Polizei und Secret Service-Agent Hallmark vor Ort, doch wie und wann diese von der Geiselnahme des Vizepräsidenten erfahren haben, wird nicht gezeigt. Das erste von McCords Opfern verschwindet vom Set, ohne dass erklärt würde, was mit ihr geschehen ist und mehrere Bösewichte, deren Namen ebenfalls nie genannt werden, tauchen im Verlauf des Films einfach nicht mehr auf.

Doch abgesehen von diesen inhaltlichen Ungereimtheiten, die mit wenig ansprechenden Dialogen untermauert werden, fallen auch die handwerklichen Unzulänglichkeiten zunehmend auf. Wie zuvor führt Peter Hyams die Kamera selbst. Dabei gelingen ihm zahlreiche tolle Aufnahmen und interessante Kamerafahrten. Doch schafft er es nicht, mit einem entsprechenden Schnitt für Übersichtlichkeit zu sorgen. Beim verrauchten Finale weiß man nicht, wer wen ausschält, der computerspielende Hacker wird ignoriert, und wenn McCord wenig später angeschossen wird, sieht man weder den Schuss, noch dass er unmittelbar getroffen wird. Stattdessen liegt er anschließend mit einer Wunde am Boden. Dass schon lange zuvor ein Helikopter abgeschossen wird, ein daran hängender Soldat auf den Boden fällt, man aber nie auch nur ein Bild des Helikopterwracks (in der Luft oder auf dem Boden) sieht, unterstreicht den unfertigen Eindruck. Es ist beinahe, als wäre Sudden Death eine Rohfassung, eine Filmversion, die noch nicht wirklich fertig ist. Weder, was die Drehbuchvorlage, noch die Umsetzung derselben anbelangt. Und während die Uhr unaufhörlich im Hintergrund tickt, findet die Geschichte die Zeit, den früher als Amateur Eishockey spielenden McCord selbst während des Spiels als Torwart auf das Eis zu bringen und den Fang seines Lebens machen zu lassen. Man weiß manchmal nicht, ob die Macher sich hier selbst noch ernst nehmen.

Wäre die handwerkliche Umsetzung wenigstens so routiniert wie die musikalische Untermalung durch John Debney und packend genug gewesen, hätte man sich auch mit der fest eingeplanten Fortsetzung arrangieren können. Doch leider offenbart Sudden Death gerade hier eklatante Schwächen, die merklich am Unterhaltungswert nagen. Schade.


Fazit:
Zu behaupten, Filmemacher Peter Hyams (Narrow Margin - 12 Stunden Angst [1990], Presidio [1988]) hätte die vermutlich zwei besten Filme von Jean-Claude Van Damme inszeniert, spricht leider weder für den einen, noch den anderen. Dabei ist Sudden Death kein schlechter Film und wäre er seinerzeit unmittelbar in den Videothekenregalen gelandet, hätten sich Actionfans kaum beschwert. Im Kino blieb das Publikum jedoch aus und sieht man sich beispielsweise den zuvor genannten Stirb langsam - Jetzt erst recht oder auch den kurz davor veröffentlichten Speed [1994] an, dann scheint dieser Stirb langsam-Klon inhaltlich wie handwerklich mindestens fünf Jahre zu spät zu kommen. Die inhaltlichen Sprünge und Lücken sind das eine, die unübersichtlich inszenierte und mangelhaft aufgebaute Action wiegt hingegen schwer. Das Endergebnis ist nie vollkommen langweilig, aber selten packende B-Film Action-Kost, bei der man nicht wegzappt, wenn man abends zufällig einschaltet, die es aber zu keinem Moment mit den Filmen aufnehmen kann, die sie ganz offenbar nachahmt.