Operation - Broken Arrow [1996]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. September 2020
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Broken Arrow
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1996
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Woo
Musik: Hans Zimmer
Besetzung: John Travolta, Christian Slater, Samantha Mathis, Delroy Lindo, Bob Gunton, Frank Whaley, Howie Long, Vondie Curtis-Hall, Jack Thompson, Vyto Ruginis, Ousaun Elam, Shaun Toub


Kurzinhalt:

Es beginnt wie ein Routinemanöver für die beiden US Air Force Piloten Deakins (John Travolta) und Hale (Christian Slater): In niedriger Flughöhe sollen sie über dem US-Bundesstaat Utah Übungen absolvieren. Ihr Stealth Bomber ist dabei mit zwei thermonuklearen Raketen bestückt. Doch während der Übung kann Hale nur knapp einen Angriff von Deakins abwehren und wird mit dem Schleudersitz aus dem Flugzeug befördert. Daraufhin wirft Deakins die beiden Raketen ab und lässt die Maschine abstürzen. Zusammen mit einem Trupp um Geldgeber Pritchett (Bob Gunton) will Deakins die Raketen bergen und die amerikanische Regierung erpressen. Nachdem ihn Parkrangerin Terry (Samantha Mathis) gefunden hat, macht sich Hale auf, Deakins aufzuhalten. Doch sie sind ihm nicht nur zahlenmäßig weit unterlegen. Deakins schreckt vor nichts zurück, um sein Ziel zu erreichen …


Kritik:
Der zweite Hollywood-Film von John Woo ist inzwischen beinahe 25 Jahre alt. Dennoch, oder gerade deshalb, ist es umso erstaunlicher, was Operation - Broken Arrow bedeutend besser gelingt, als vielen heutigen Produktionen, die zudem merklich aufwendiger sind. Mit einer einfachen Story, zwei gegensätzlichen Figuren und einem herrlich überzogenen Bösewicht, brennt der chinesische Filmemacher ein Action-Inferno ab, das sich nie zu ernst nimmt, aber gleichzeitig packend genug gerät. Das ist Unterhaltung pur auf einem handwerklich erstklassigen Niveau.

Geschrieben von Graham Yost (Speed [1994]), hält auch Operation - Broken Arrow nicht lange mit der eigentlichen Geschichte zurück: Die beiden Air Force Piloten Vic Deakins und Riley Hale sollen einen Übungsflug mit einem mit zwei Nuklearraketen bestückten Stealth Bomber durchführen. Während der Mission muss Hale erkennen, dass Deakins eigene Pläne verfolgt und die beiden Raketen stehlen will. Nach dem Absturz der Maschine will Deakins, der die Operation lange geplant hat, die Waffen aus Utah herausbringen. Hale bleibt zusammen mit der Parkrangerin Terry nicht viel Zeit, ihn aufzuhalten.
Viel Zeit hat er dazu auch nicht, immerhin ist Broken Arrow nur etwas mehr als eineinhalb Stunden lang. Das ist stellenweise spürbar wenig und so lässt der Film Charakterentwicklungen großteils vermissen. Riley und Terry stellen sich bis kurz vor Abspann nicht einmal namentlich vor und viel erfährt man über den Hintergrund der Figuren ebenfalls nicht.

Umso mehr Zeit nimmt sich Woo, seine Figuren vorzustellen. Sei es mit einer Boxsequenz während des Vorspanns zwischen den Freunden Vic und Riley, bei der eingangs außer dem Boxring nichts zu sehen ist, als wollte der Filmemacher den Tunnelblick, die Fokussierung seiner Figuren auf das begrenzte Areal noch unterstreichen. In der Rolle des Major Deakins kostet John Travolta die stets lockeren Sprüche merklich aus. Seine Szenenauftritte werden meist in Zeitlupe festgehalten, häufig mit aufgesetzter Sonnenbrille und Zigarette im Mundwinkel. Sieht man ihn sich selbst im Spiegel zu Beginn zuzwinkern, besteht kein Zweifel, dass er ein selbstverliebter Narzisst ist. Dass er gleichzeitig größenwahnsinnig und skrupellos ist, erfährt das Publikum erst später. Doch statt es einzig dabei zu belassen, sucht das Drehbuch zunehmend Momente, in denen Deakins’ Überheblichkeit Kratzer bekommt. Verliert er durch Hales wiederholte Einmischungen merklich die Kontrolle über die Operation, sind es seine unbeherrschten Ausbrüche, die den Spaß am Zusehen prägen. Dass Travolta hier selbst in seinen lauten Momenten so scheint, als würde er nur die Spitze des Eisbergs zeigen, als würde er sich immer noch zurückhalten, zeichnet die Figur zudem aus.

Dem gegenüber erscheint Christian Slater merklich blass, was zum Teil auch darin begründet ist, dass seine Figur außer ihrem Pflichtbewusstsein keine spürbare Motivation zugeschrieben bekommt. Broken Arrow ist stark auf den Bösewicht fixiert. Dahinter steht auch die eigentliche Geschichte zurück, die zwar um eine Nebenhandlung von Regierungsvertretern erweitert wird, die versuchen, der Situation Herr zu werden, doch eine entscheidende Rolle spielen sie alle nicht. Dafür nimmt der Kampf zwischen Deakins und Hale den größten Raum ein, bei dem Deakins öfter als nicht seine Handlungen erklärt, anstatt den Abzug zu drücken und sein Ziel wirklich zu erreichen. Das mögen alles Klischees sein, aber sie sind auf eine handwerklich derart überzeugende Art und Weise vorgetragen, dass man sich darüber beim Zusehen kaum beschweren kann.
So ist Broken Arrow ein schlicht beeindruckend geschnittener Film. Zahlreiche Schusswechsel, eine Verfolgungsjagd mit zwei Humvees, der Kampf in einer Kupfermine und nicht zu vergessen auf einem fahrenden Zug sind viele Highlights, die John Woo mit seinem unverkennbaren Stil in Szene setzt. In einigen wenigen Momenten sieht man zwar den Trickeffekt wie ein Modell oder einen Blue Screen. Auf den ganzen Film gerechnet jedoch nur eine Handvoll Mal und selbst dann reißt dies nie aus der Erzählung. Wenn Christian Slater von einem Helikopter auf einen fahrenden Zug springt, nur Zentimeter über den Gleisen hängt oder sich mit John Travolta – Machismo pur – einen Faustkampf liefert, hat man nie das Gefühl, als wären dies einzelne Abschnitte mit Stuntleuten oder Trickeffekt-Aufnahmen. Broken Arrow ist derart nahtlos geschnitten, dass das Publikum stets im Bilde ist und die Gefahr, so übertrieben die Situationen auch sein mögen, für die Figuren trotzdem greifbar bleibt.

Man muss sich aus heutiger Sicht fragen, wann Hollywood die Fähigkeit verloren hat, Filme so zu machen.


Fazit:
Mit seiner einfachen Story, den platten Figuren den vielen spürbar auf Coolness getrimmten Sprüchen, ist Operation - Broken Arrow objektiv kein sehr guter Film. Doch Filmemacher John Woo versucht bei seinem zweiten Hollywood-Film nicht, mehr zu präsentieren, als der Action-Thriller sein kann und will. Anstatt sich mit unnötigen Dingen aufzuhalten, erzählt er handwerklich erstklassig gemachte Action-Unterhaltung, die sich zu keinem Zeitpunkt zu ernst nimmt, was für die Figuren auf dem Spiel steht, aber nie vernachlässigt. Vielleicht ist das der Grund, dass der Film erstaunlich gut gealtert ist, selbst wenn einige Sprünge in der Geschichte nach wie vor zu groß erscheinen und Christian Slater merklich hinter John Travolta zurücksteht. Der Kontrast ist am Ende jedoch auch ein Grund dafür, weshalb Broken Arrow so viele einprägsame Momente besitzt.
Dies mag kein sehr guter Film sein, doch er ist sehr gut als die Art Film, die er sein will. Das ist mehr, als das Publikum heute oftmals geboten bekommt.