Friedhof der Kuscheltiere [2019]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. März 2019
Genre: Horror / Thriller / Fantasy

Originaltitel: Pet Sematary
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer
Musik: Christopher Young
Darsteller: Jason Clarke, Amy Seimetz, John Lithgow, Jeté Laurence, Hugo Lavoie, Lucas Lavoie, Obssa Ahmed, Sonia Maria Chirila, Alyssa Brooke Levine, Maria Herrera


Kurzinhalt:

Die Familie Creed zieht aus der Großstadt in den beschaulichen Ort Ludlow. Trotz der augenscheinlichen Idylle fühlt sich weder Vater Louis (Jason Clarke), noch seine Frau Rachel (Amy Seimetz) dort wohl. Sie wird von Erinnerungen an ein traumatisches Kindheitserlebnis verfolgt, während ihm Visionen widerfahren. Als die Katze „Church“ ihrer achtjährigen Tochter Ellie (Jeté Laurence) überfahren wird, begraben Louis und Nachbar Jud (John Lithgow) den Kater jenseits des Tierfriedhofs im Wald. Tags darauf ist Church wieder putzmunter, doch er ist verändert und auf eine persönliche Weise bösartig. Laut Jud liegt es an dem Ort, an dem sie das Tier begraben haben und der Wesen „zurückbringen“ kann. Nachdem eine Tragödie die Familie heimsucht, glaubt Louis, einen Ausweg gefunden zu haben – doch beginnt damit erst der wahren Horror …


Kritik:
So packend die Geschichten von Autor Stephen King in Romanform oftmals sind, so selten werden sie dieser Eigenschaft auf der großen oder kleinen Leinwand gerecht. Über seinen 1983 erschienen Horror-Roman Friedhof der Kuscheltiere soll King gesagt haben, dass es derjenige ist, der ihm am meisten Angst gemacht hat. Von der zweiten Kinoadaption des Stoffes kann man das nicht behaupten. Das heißt nicht, dass es ein grauenhafter Film ist. Den Regisseuren Kevin Kölsch und Dennis Widmyer gelingt es nur nicht, den wahren Horror, den der Protagonist in der Vorlage durchlebt, um zu seiner fatalen Entscheidung zu gelangen, greifbar zu machen. Dass sie sich überdies nicht den perfekten Schlusspunkt des Romans behalten, ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Story beginnt wie viele Geschichten des Genres damit, dass die Familie Creed aus der Stadt in ein beschauliches Heim auf dem Land zieht, um der Hektik des alten Lebens zu entkommen. Die Idylle währt nicht lange, als Familienvater und Arzt Louis ein schwerstverletztes Unfallopfer behandelt. Fortan verfolgen ihn Visionen des Mannes, der ihn warnt. Zwar erklären die Filmemacher die Ursachen der Vorahnungen nicht, sie gehören allerdings zu den gelungeneren Schockmomenten. Hauptsächlich deshalb, da sie im Gegensatz zu vielen anderen nicht ausschließlich aus lauten Geräuschen bestehen. Nachdem die Katze der achtjährigen Tochter Ellie, Church, überfahren wird, beerdigt Louis das Tier zusammen mit dem Nachbarn Jud weit hinter dem Tierfriedhof. Schon am nächsten Tag wandelt Church wieder unter den „Lebenden“. Jud erklärt, dass die Erde an dem Ort, an dem sie die Katze begraben haben, Wesen zurückbringt. Doch der Kater ist verändert, bösartig und aggressiv.

Wohin das führt, als eine Tragödie über Louis und seine Frau Rachel hereinbricht, ist nicht überraschend. Wohl aber, dass die Filmemacher sich der eigentlichen Hauptfigur so gut wie gar nicht annähern. Was bringt Louis dazu, gegen alle Vernunft diese Entscheidung zu fällen? Mit seiner Trauer beschäftigt sich Friedhof der Kuscheltiere kaum, weshalb sein Sinneswandel beim Finale auch nicht nachvollziehbar ist. Stattdessen erzeugt der Fantasy-Horror mit den üblichen Elementen eine unheimliche Stimmung. Sei es die andauernd präsente, unheilvolle Musik, einige mehr oder weniger angekündigte Ekelmomente und viele klischeehafte Sequenzen. Sieht der Familienvater in der Nacht beim Blick aus dem Schlafzimmerfenster auf den flüsternden Wald seine eigene Spiegelung in der Scheibe, ist kurz darauf plötzlich eine weitere Person neben ihm zu sehen – wie hätte man damit rechnen können? Zusammen mit den teils ohrenbetäubend lauten Geräuschen, beispielsweise wenn ein Truck vorbeifährt, bedeutet das nicht, dass die Schockmomente nicht funktionieren. Aber es ist ein billiger, absehbarer Effekt, der ebenso wenig anhält, wie wenn man Fast Food isst, obwohl man richtig Hunger hat.

Die gesamte Nebenhandlung um ein Kindheitstraums von Rachel, ist weder notwendig, noch ergibt es irgendeinen Sinn. Vielmehr wirft es Fragen auf, die nicht beantwortet werden: Woher rühren ihre Visionen? Und weshalb kehrt sie im Verlauf des Films freiwillig an den Ort zurück, an dem dieses Trauma seinen Ursprung hat? Auch hier gibt es einige Gänsehaut-Momente, mehr auf Grund der Grausamkeit des Gezeigten, anstatt dessen Unvorhersehbarkeit.
Doch am Ende sind es die wenigen Szenen ohne Musik und mit langen Einstellungen, nachdem Louis seine fatale Entscheidung getroffen hat, die bedeutend effektiver sind. Sie läuten ein Finale ein, das wenig auf subtilen, gruseligen Horror und dafür auf blutige Momente setzt. Der Kurswechsel unterstreicht zwar, dass Friedhof der Kuscheltiere eine durchgängige Handschrift fehlt, doch es macht den Film insgesamt nicht besser. Da hilft es auch nicht, dass nicht deutlich wird, ob die letzte Einstellung witzig gemeint sein soll. Mit dem tatsächlichen Horror der Vorlage, dass es aus dieser Abwärtsspirale der verheerenden Entscheidungen kein Entkommen gibt, so dass selbst ein offenes Ende nur die schlimmsten Befürchtungen nährt, statt Hoffnung zu wecken, weiß der Film nichts anzufangen. Das ist nicht nur schade, sondern geradezu unverständlich.


Fazit:
Es dauert nicht lange, ehe der erste Erschreck-Moment passiert. Dass er mehr von einem lauten Geräusch hervorgerufen als begleitet wird, ist symptomatisch für den Rest, der folgt. Dabei unterstützt das Sound-Design die Atmosphäre merklich, aber es ändert nichts, dass spätestens ab dem zweiten unheimlichen Vorfall die Erwachsenen hier klüger sein sollten und die Koffer packen, anstatt an diesem Ort zu bleiben. Friedhof der Kuscheltiere besitzt das Flair einer 1980er-Jahre Video-Produktion. Selbst die Waldaufnahmen bei Nacht sehen aus, als wären sie in einem Fernsehstudio gedreht. Ganz offensichtlich mit einer Digitalkamera aufgenommen, lässt das den Film in vielen Einstellungen wenig schmeichelhaft billig wirken. Manch ein unheimlicher Moment funktioniert, wenn auch nicht viele, und immer wieder gibt es gut ausgesuchte Bilder, doch die sind rar. Den Filmemachern Kevin Kölsch und Dennis Widmyer gelingt weder ein einheitlicher Stil, noch lassen sie eine Vision für die Geschichte erkennen. Auch konzentrieren sie sich nicht auf die Figuren, deren persönlicher Horror an sich im Zentrum steht. Uninspiriert inszeniert, eignet sich das Remake zu Friedhof der Kuscheltiere zumindest für Fans des offensichtlichen Horrors. Angesichts der Konkurrenz ist das zu wenig und angesichts der Vorlage enttäuschend.