Inferno [2016]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. Oktober 2016
Genre: Thriller

Originaltitel: Inferno
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: USA / Japan / Türkei / Ungarn
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ron Howard
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Tom Hanks, Felicity Jones, Omar Sy, Sidse Babett Knudsen, Ben Foster, Ana Ularu, Irrfan Khan, Kata Sarbó, Ida Darvish


Kurzinhalt:

Als Harvard-Professor und Symbologe Robert Langdon (Tom Hanks) in einem Krankenhaus erwacht, kann er sich nicht erinnern, wie er dorthin gekommen ist. Die Ärztin Dr. Sienna Brooks (Felicity Jones) erklärt ihm, dass er angeschossen wurde, der Gedächtnisverlust könnte Teil der Verletzung sein. Langdon befindet sich in Florenz. In seiner Tasche findet er Hinweise des kürzlich verstorbenen Milliardärs Bertrand Zobrist (Ben Foster), der allem Anschein nach einen Krankheitserreger entwickelt hat, mit dem er die Hälfte der Menschheit auslöschen will. Um die Katastrophe aufzuhalten, muss Robert den Hinweisen folgen, doch abgesehen von Dr. Sinskey (Sidse Babett Knudsen) und Christoph Bouchard (Omar Sy) von der Weltgesundheitsorganisation, ist auch ein privates Sicherheitskonsortium hinter dem Erreger her. Nicht vorzustellen, wenn dieser in die falschen Hände gerät ...


Kritik:
Inferno, der dritte Leinwandauftritt von Symbologe Robert Langdon und tatsächlich das vierte Buch der Reihe von Autor Dan Brown, kommt gefühlte fünf Jahre zu spät. Erneut mit Tom Hanks in der Hauptrolle des charismatischen Harvard-Professors, der sich auf die Spuren einer internationalen Schnitzeljagd begibt und Hinweisen folgt, um eine globale Pandemie zu verhindern, wirkt die Erzählung nie so getragen wie in The Da Vinci Code - Sakrileg [2006] oder Illuminati [2009] und beraubt die Vorlage ihrer mutigsten Entscheidung.

Die lange Zeit seit dem letzten Filmabenteuer und die Tatsache, dass das 2009 erschienene Buch Das verlorene Symbol nicht verfilmt wurde, sind wohl auf Differenzen hinter der Kamera zurückzuführen. Sowohl Hanks, als auch Regisseur Ron Howard wollten angeblich nicht an einer Filmumsetzung teilnehmen, weshalb sich die Romanadaption bis heute in einem Schwebezustand befindet. In Inferno erwacht Langdon, der in den vorigen Filmumsetzungen bereits in Europa unterwegs gewesen ist, in Florenz, ohne sich erinnern zu können, wie er dorthin gekommen ist. Von mehreren Parteien gejagt, flüchtet er mit der jungen Ärztin Sienna Brooks und kommt dahinter, dass ihm Hinweise untergeschoben wurden, die auf die Freisetzung eines tödlichen Virus hindeuten. Milliardär Bertrand Zobrist war davon überzeugt, dass die Menschheit sich durch ihr unkontrolliertes Wachstum selbst vernichten wird und wollte die Bevölkerungszahl reduzieren. Nach seinem Tod hat er einen Pfad zu "Inferno" hinterlassen, dem verheerenden Krankheitserreger.

Wie bei Langdons Abenteuern üblich, orientiert sich dieser Pfad an historisch bedeutenden Wegpunkten und so wundert es nicht, dass die Story mit Dante Alighieris Commedia ebenso zusammenhängt, wie mit bedeutenden Museen und Plätzen von Florenz, Venedig, oder auch Istanbul. Die kleine Geschichtsstunde bietet ungeahnte Einblicke bei bekannten Sehenswürdigkeiten und Kenner dürfen sich freuen, dass Inferno das Flair der Schauplätze gekonnt einfängt. Die überwältigende Eleganz der Umgebung, die Sakrileg und mehr noch Illuminati ausgezeichnet haben, lässt Ron Howard hier jedoch vermissen. Mit knapp zwei Stunden Laufzeit ist der dritte Film der kürzeste der Reihe, obwohl der Beginn mit einem unter Gedächtnisverlust und an Visionen leidenden Robert Langdon merklich viel zu lang geraten ist. Andere Situationen, wie die Jagd durch den Boboli-Garten in Florenz, erscheinen dagegen unnötig gehetzt und auch das Finale, bei dem überhaupt erst so etwas wie eine packende Atmosphäre aufkommt, ist viel zu schnell vorbei.

Dass die Geschichte selbst, wenn man darüber nachdenkt, arg konstruiert klingt, mag man dem Thriller noch verzeihen, umso mehr, da Hanks in der Rolle des Symbologen merklich aufgeht und Irrfan Khan als "der Provost", Leiter einer dubios-privaten Sicherheitsfirma, einige der trockensten und gelungensten Dialoge zugeschrieben bekommt. Unverzeihlich ist jedoch, dass Drehbuchautor David Koepp die Kernaussage des Romans und des Schurken Zobrist hier ins Gegenteil verkehrt. Regte dessen "Lösung" der Überbevölkerung im Buch zum Nachdenken an, ist er hier nicht mehr als ein auf Massenmord sinnender Größenwahnsinniger, wie man ihn eher in einem James Bond-Film vermuten würde. Dass die Loyalitäten der übrigen Figuren gegenüber der Vorlage abgewandelt wurden, ist nachvollziehbar und auch der Einblick in Langdons Privatleben lockert die Figur merklich auf. Doch die mutigste Entscheidung von Dan Browns Roman hier vollständig aufzuheben, wirkt geradezu feige.

Löst man sich hiervon, ist Inferno ein durchweg gelungen umgesetzter Thriller, dem es jedoch inhaltlich an Zugkraft mangelt. Das liegt daran, dass der Held seinen Verfolgern immer einen zu großen Schritt voraus ist, es nur einen Moment gibt, in dem er tatsächlich Gefahr läuft, geschnappt zu werden. Aber auch daran, dass der Zeitdruck, unter dem Langdons Suche nach den Hinweisen auf den Aufenthaltsort des Krankheitserregers steht, viel zu spät ins Spiel gebracht wird.
Nimmt man die leider vollkommen uninspiriert klingende Musik von Hans Zimmer hinzu, der die bekannten Themen mit einem zu den Örtlichkeiten unpassenden Synthesizer-Beat unterlegt, ist Ron Howards Regiearbeit leider viel zu selten packend. Die gelungenen Momente um Langdon im Mittelteil werden Fans zwar zufriedenstellen, neue Fans werden sich hiermit nicht finden lassen.


Fazit:
Nach einem merklich zu langen Auftakt, während dem Symbologe Robert Langdon verwirrt und ohne eine Erinnerung an die vergangenen Tage in Florenz erwacht, fällt Inferno in das aus den bisherigen Filmen bekannte Fahrwasser, in dem ein Rätsel zum nächsten führt. Das ist dank der malerischen Umgebungen und der gut aufgelegten Besetzung für Kenner sehenswert, aber nie wirklich packend dargebracht. Erst beim Finale zieht das Erzähltempo an, enttäuscht jedoch mit einer inhaltlichen Abweichung von der Romanvorlage. Fans der Hauptfigur werden genügend finden, was die Wartezeit zumindest auf den nächsten Roman ansprechend verkürzt. Dass in Langdon als Leinwandheld Potential schlummert, ist unbestritten, auch wenn dies sein bislang schwächster Auftritt ist. Man kann nur hoffen, dass man auf seinen nächsten nicht so lange warten muss – und er bedeutend spannender ausfällt.