X-Men: Apocalypse [2016]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. Juni 2016
Genre: Action / Thriller / Fantasy

Originaltitel: X-Men: Apocalypse
Laufzeit: 144 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2016
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Bryan Singer
Musik: John Ottman
Darsteller: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Nicholas Hoult, Oscar Isaac, Tye Sheridan, Rose Byrne, Evan Peters, Kodi Smit-McPhee, Josh Helman, Sophie Turner, Lucas Till, Ben Hardy, Alexandra Shipp, Olivia Munn


Kurzinhalt:

1983, zehn Jahre, nachdem die Welt in Washington, D.C. Zeuge wurde, welch zerstörerische Kraft in Magneto (Michael Fassbender) schlummert, ist dieser in Polen untergetaucht und hat eine Familie gegründet. Professor Charles Xavier (James McAvoy) versucht weiterhin, begabten jungen Menschen zu helfen, mit ihren Fähigkeiten umzugehen, während die CIA-Agentin Moira MacTaggert (Rose Byrne) in Ägypten einen Kult untersucht, der offensichtlich Mutanten verehrt. Dabei beobachtet sie, wie En Sabah Nur (Oscar Isaac), von dem angenommen wird, dass er der erste Mutant war, nach tausenden von Jahren wiedererweckt wird. Sein Ziel ist es, diese Welt zu bereinigen und neu zu beginnen. Dafür rekrutiert er vier Gefolgsleute – und hat ein besonderes Interesse an Magneto. Nur die X-Men stehen zwischen ihm und der Apokalypse ...


Kritik:
Wie man unschwer erahnen kann, dreht sich Bryan Singers X-Men: Apocalypse um das drohende Ende der Welt. Wieder einmal. Doch im Gegensatz zu dem unausgereiften Vorgänger X-Men: Zukunft ist Vergangenheit [2014] gelingt es dem Filmemacher hier sowohl, die jüngeren X-Men als Gruppe zusammenzuschweißen und gleichzeitig all das zu präsentieren, was einen heutigen Popcorn-Film ausmacht. Und dazu scheint es unausweichlich zu gehören, dass ganze Städte in Schutt und Asche gelegt werden.

Die Geschichte selbst setzt 10 Jahre nach den Ereignissen aus Zukunft ist Vergangenheit an. Das erste Drittel nutzt Drehbuchautor Simon Kinberg, um die ein Dutzend Personen, um das sich die Story drehen wird, kurz vorzustellen und aufzuzeigen, wo es sie hin verschlagen hat, seit man sie das letzte Mal gesehen hatte. Professor Xavier kümmert sich um seine Schule für Begabte und der geflohene und von aller Welt gesuchte Magneto hat sich ein Leben in Polen aufgebaut. Neu eingeführt werden Scott Summers alias Cyclops und Jean Grey, von denen Tye Sheridan in der Rolle des Mutants mit dem bestechenden Blick merklich besser passt.
Hauptbösewicht ist diesmal der titelgebende Mutant Apocalypse, auch genannt En Sabah Nur. Der mächtige Mutant hatte über das alte Ägypten geherrscht, ehe er betrogen und für tausende von Jahren begraben wurde. Als er zufällig wiedererweckt wird, sucht er sich vier Gefolgsleute, die ihm helfen sollen, diese Welt einzuebnen und mit denen, die würdig sind, eine neue aufzubauen.

Wer sich an den allerersten X-Men [2000]-Film, ebenfalls von Regisseur Bryan Singer, zurückerinnert, der zeitlich knapp 20 Jahre nach diesem hier spielt bzw. spielen wird, der mag noch Senator Kellys (gespielt von Bruce Davison) Rede nachvollziehen können, in der sich der Politiker der steigenden Anzahl von Menschen mit genetischen Mutationen annimmt. Damals schien es bzw. wird es scheinen, als ob die Mutanten im Schatten leben, das Wissen von ihnen und über sie mehr Hörensagen als wirklichen Berichten entnommen ist. All das ist schwer vorstellbar, wenn Magneto und Mystique hier weltweit bekannt sind und es dürfte schwer fallen sich vorzustellen, dass irgendjemand die Existenz von Mutanten nach weniger als 20 Jahren vergessen haben wird, wenn diese dafür verantwortlich sind, dass sich unter anderem das Opernhaus Sydney buchstäblich in seine Bestandteile auflöst.

Kurzum, auch wenn sich Bryan Singer hier merklich Mühe gibt, viele lose Enden, die durch den Generationenwechsel und die Prequel-Thematik aufgekommen sind, zusammen zu führen und bestimmte Figuren am Ende an die richtige Position bringt, in der sie in X-Men dann wohl immer noch sein sollen, Vieles aus dem Universum ergibt beim darüber Nachdenken keinen großen Sinn. Selbst angesichst des Endes von Zukunft ist Vergangenheit. Der gesamte Abschnitt mit Colonel Stryker in der abgeschotteten Versuchs- und Verhörbasis ist inhaltlich vollkommen überflüssig, auch wenn das Fans schon deshalb nicht stört, weil eine bekannte Figur hier auftaucht, die so treffend in Szene gesetzt ist, dass man dem Film den Umweg gern verzeiht. Vielleicht bereitet diese Sequenz zusammen mit der überraschend langen Szene nach dem Abspann einen anderen, kommenden Film vor, wer weiß das bei den Comic-Verfilmungen schon genau. Auch das Auftauchen von Phoenix ist wohl eher den Fans geschuldet, denn weshalb Jean hier ihre Fähigkeiten besser unter Kontrolle haben soll als in Zukunft, verstehe wer will.

Am besten ist es, man genießt X-Men: Apocalypse als das, was er vor allem sein will: Rundum unterhaltsames Comic-Popcorn-Kino. Dass er gleichzeitig der brutalste Film der Reihe ist und dennoch erstaunlich viel Humor bietet (die Selbstironie dargebracht durch einen Kommentar zu Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter [1983] ist einfach köstlich), sollten Interessenten jedoch wissen. Ebenso wie die Tatsache, dass Singer mit einem der persönlichsten Momente zum Werdegang von Erik Lensherr / Magneto eine der besten Szenen der Reihe gelungen ist und Quicksilvers Solo zu "Sweet Dreams (Are Made of This)" von Eurythmics atemberaubende Bilder bietet, bei denen es spürbar wärmer wird im Kino.


Fazit:
Die besten Szenen in X-Men: Apocalypse sind diejenigen, die ohne große Spezialeffekte auskommen, in denen die Figuren im Mittelpunkt stehen. Das einschneidende Erlebnis für Magneto im ersten Drittel gehört hier ebenso dazu wie Xaviers Wiedersehen mit Moira MacTaggert. Bryan Singer macht hier – und insbesondere bei Quicksilvers grandioser Rettungsaktion – so Vieles richtig, dass es umso bedauerlicher ist, wie sehr das Materialschlacht-Finale jedem anderen Comic-Film gleicht.
Seine überraschend kurzweilige Erzählung lebt von den gelungenen Charakteren, die hier zu einem Team werden. Mehr kann man sich als Fan an sich nicht wünschen. Auch wenn man bei einem Film mit dem Titel X-Men: Apocalypse erwartet, dass das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel stehen muss, was die Filmemacher irgendwann begreifen müssen ist, man erwartet gar nicht, dass sich jede Comic-Verfilmung um die Rettung der Welt dreht.