Kingsman: The Secret Service [2014]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Januar 2016
Genre: Action / Thriller / Komödie

Originaltitel: Kingsman: The Secret Service
Laufzeit: 129 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Matthew Vaughn
Musik: Henry Jackman, Matthew Margeson
Darsteller: Colin Firth, Taron Egerton, Mark Strong, Sophie Cookson, Samuel L. Jackson, Sofia Boutella, Michael Caine, Mark Hamill, Samantha Womack, Edward Holcroft, Hanna Alström, Corey Johnson


Kurzinhalt:

Die Kingsman sind eine verdeckt operierende Gruppe von Elitespionen, die dann einschreitet, wenn offizielle Geheimdienste nicht eingreifen können. Nachdem einer von ihnen bei einem Einsatz getötet wurde, muss ein Nachfolger rekrutiert werden. Harry Hart (Colin Firth), Codename Galahad, schlägt Eggsy Unwin (Taron Egerton) vor, dessen Vater einst ebenfalls ein Anwärter war. Eggsy muss sich mit den anderen Bewerbern, darunter Roxy (Sophie Cookson), dem Auswahlverfahren stellen. Währenddessen setzt der augenscheinliche Menschenfreund Richmond Valentine (Samuel L. Jackson) seine finsteren Pläne immer weiter in die Tat um, beschützt von seiner Gehilfin Gazelle (Sofia Boutella). Während Harry zusammen mit seinem Kollegen Merlin (Mark Strong) Wege sucht, Valentines Endziel aufzudecken, kommt Eggsy dem Ende seines Trainings immer näher. Doch nur ein/e Kandidat/in wird ein Kingsman werden ...


Kritik:
Wer sich immer gefragt hat, wie der James Bond-Film ausgesehen hätte, den Filmemacher Quentin Tarantino lange Zeit umsetzen wollte, der bekommt in der Comic-Verfilmung Kingsman: The Secret Service vermutlich den nächstbesten Eindruck geliefert. Der ultrabrutale Spionage-Film um die Geheimorganisation Kingsman setzt wie Tarantino Gewalt als belustigendes Element ein – dass es hierfür ein immens großes Publikum gibt, ist ebenso schockierend wie die gezeigte Brutalität an sich.

Die Geschichte nimmt dabei die austauschbaren Superbösewichtstories der Bond-Filme zum Vorbild und gleichzeitig aufs Korn, denn auch wenn sich Filmemacher Matthew Vaughn (Kick-Ass [2010], X-Men: Erste Entscheidung [2011]) hier gewissermaßen als Regisseur eines zukünftigen Abenteuers von Agent 007 empfehlen will, sein Film ist in vielerlei Hinsicht eine Satire jener Filmreihe.
Im Zentrum steht der Kingsman-Agent Galahad, gespielt von Colin Firth, dem man die Rolle eines kämpfenden und schießenden Spions vermutlich als letztes zugetraut hätte. Dank seines unterkühlt britischen Auftretens macht er seine Sache ausgesprochen gut und begleitet als Mentor den Anwärter Eggsy, dessen Vater einst ebenfalls ein Kingsman war, ehe er im Kampf fiel. Eggsy lässt das gefährliche Training über sich ergehen und muss sich gegen die anderen Anwärter/innen behaupten, während der immens reiche Richmond Valentine finstere Pläne verfolgt.

Wie diese genau aussehen, sei hier nicht verraten, auch wenn sie nicht minder absurd sind, als die mancher Bond-Bösewichte. Seine Gehilfin Gazelle ist ebenso überspitzt (kein Wortwitz beabsichtigt) dargestellt und besitzt statt gewöhnliche Beine rasiermesserscharfe Klingen, die sie auch als solche einsetzt.
So springt Kingsman: The Secret Service von einer Actionszene zur nächsten, während die Story selbst zunehmend weniger Sinn ergibt. Das kompensiert Regisseur Vaughn durch eine grundsätzlich gelungene Inszenierung mit gut ausgewählten Bildern, die in den actionreichen Momenten durch immens schnelle Schnitte und wackelige Kameraeinstellungen abgelöst wird. Auch wenn das Geschehen hier so aufgenommen ist, dass man an sich die Mitte des Bildes mit den Augen nie verlassen muss (die Kamera fixiert einen Punkt und folgt ihm durch die Bewegung), insbesondere beim Finale geht durch die Schnitte und die ewig gleichen Hintergründe die Orientierung komplett verloren.

Doch hierauf kommt es in Kingsman ganz offensichtlich auch nicht an.
Ja, ich weiß, dass der Film nicht ernst gemeint ist und großteils als Parodie erzählt wird. Ja, die Gewalt ist teils extrem übertrieben dargestellt, so dass man sie nicht ernst nehmen kann und ich lasse dieses Argument für alle Szenen im Film gelten. Bis auf eine.
Das Massaker, das hier in der Kirchensequenz angerichtet wird, gehört zum brutalsten, schockierendsten und abstoßendsten, was es seit ewigen Zeiten in einer groß angelegten Produktion im Film zu sehen gab. Der Unterschied hier zur stilisiert dargestellten Gewalt beim Finale (bei dem bezeichnenderweise kein Blut zurückbleibt) ist, dass sie nicht stilisiert dargestellt ist. Was der Film hier zeigt sind "ebenso explizit wie ausführlich dargestellte[n] Szenen selbstzweckhafter Gewalt", wie es im Prüfbericht der mit der Freigabe ab 16 Jahren vollkommen versagenden FSK selbst heißt, "und ob des vermittelten Welt- und Menschenbildes auch ethisch höchst fragwürdig". Was das Gezeigte dabei so widerlich macht ist die Tatsache, dass durch die unterlegte Musik das Gemetzel lustig und unterhaltsam erscheinen soll.

Alles was der Film ansonsten richtiggemacht hat, verliert so an Bedeutung. Zuzusehen, wie sich Menschen gegenseitig totprügeln, anzünden, aufspießen, abstechen oder dutzende Köpfe im Einklang explodieren, mag ein Unterhaltungsspektakel in einer kranken Welt sein. Ein jeder muss entscheiden, ob er Teil einer solchen Welt sein möchte.


Fazit:
Auch wenn die Geschichte gekonnt die Klischees des Agentengenres ins Visier nimmt und zumindest schnell genug erzählt ist, dass keine Langeweile aufkommt und auch wenn Taron Egerton sich im Film so überzeugend wandelt, dass man ihm die Hauptrolle im geplanten nächsten Teil mühelos abnehmen würde, es gibt Etwas, das Kingsman: The Secret Service als Unterhaltungsfilm disqualifiziert. Dass eine ernst erzählte Geschichte die gezeigte Gewalt nicht verharmlosen darf, steht außer Frage. Auch dass eine Story, die mit Augenzwinkern erzählt ist, die Gewalt übertrieben darstellen darf.
Aber wird Brutalität wie hier von Regisseur Matthew Vaughn trotz der realistischen und Menschen verachtenden Weise als Unterhaltungsmittel verwendet, soll das Publikum wie hier durch die Umsetzung und die Musik animiert, die Figuren beim Gezeigten noch grölend anfeuern, dann darf so etwas nicht toleriert werden. Die Anzahl an Leichen in Kingsman ist vermutlich höher als in allen 24 Bond-Filmen davor. Ist das allein nicht schon ein Grund zum Lachen?