Fifty Shades of Grey [2015]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. August 2015
Genre: Liebesfilm / Drama

Originaltitel: Fifty Shades of Grey
Laufzeit: 129 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Sam Taylor-Johnson
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Dakota Johnson, Jamie Dornan, Jennifer Ehle, Eloise Mumford, Victor Rasuk, Luke Grimes, Marcia Gay Harden, Rita Ora, Max Martini, Callum Keith Rennie, Andrew Airlie


Kurzinhalt:

Als Anastasia Steele (Dakota Johnson) dem milliardenschweren Firmenchef Christian Grey (Jamie Dornan) begegnet, ist sie von ihm ebenso fasziniert, wie er von ihr. Sie fühlen sich von einander angezogen, auch wenn Christian darauf beharrt, dass sie sich von ihm fernhalten soll. Erst nach und nach erkennt sie, was sich hinter Christians Geheimnis verbirgt – und weshalb er behauptet, dass seine Interessen sehr "speziell" seien ...


Kritik:
Wer hätte gedacht, dass der "Skandalfilm" des Jahres, wie er allerorts betitelt wurde, tatsächlich so gähnend langweilig sein würde? Wer hätte geahnt, dass schönen Darstellern bei vermeintlich verruchten Sexpraktiken zuzusehen mehr abtörnend wirkt? Und wer hätte vorhergesehen, dass Fifty Shades of Grey neben einigen der absurdesten und die Intelligenz der Zuschauer beleidigenden Dialogen sogar mit ein paar amüsanten Einzeilern aufwartet? Auch wenn letzteres ein Pluspunkt ist, besser macht es das Gesamtwerk dabei nicht.

Die "Geschichte", wenn man den losen Faden, der die einzelnen Szenen hier miteinander verbindet, denn so nennen möchte, wird selbst denjenigen bekannt sein, die das millionenfach verkaufte Buch nicht gelesen haben: Anastasia Steele ist die 21jährige Unschuld in Person. In jeder Hinsicht. Underdressed und auf 'graue Maus' getrimmt, interviewt sie für ihre erkrankte Mitbewohnerin den 27jährigen Milliardär Christian Grey. Was folgt ist eine wenig einfallsreiche Liebesgeschichte mit dem Kniff, dass Christian kein Romantiker ist, sondern sehr spezielle Vorlieben hat. Sein Spielzimmer, in dem Ana eine Videospielkonsole vermutet, ist das Musterbeispiel eines "Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism"-Liebhabers. Oder kurzgesagt: Christian steht auf BDSM, will, dass Frauen sich vor ihm auf die Knie begeben, tun was er sagt und sie bestrafen, wenn sie etwas falsch machen.

Woher Greys Vorlieben kommen, wird kurz thematisiert, nur dass die Erklärung zur Figur schlicht nicht passt. So gibt er an, nach einem Erlebnis seiner Jugend sich nie wieder so frei gefühlt zu haben, als wenn er die Kontrolle in diesen Momenten abgeben musste. Wieso er dann ausschließlich auf der anderen Seite des Rollenspiels Platz nimmt, verstehe wer will. Auch scheint er lediglich dann Lust zu empfinden, wenn er Anastasia Steele (bereits der Name klingt wie das Pseudonym einer Darstellerin im Erwachsenenfilmbereich) Schmerzen zufügen kann. Der Film bedient alle Klischees, die man sich nur vorstellen kann, bis hin zu Anas aufklappbarem Handy und ihrem alten Studenten-VW Käfer, die sie zum genauen Gegenteil von Christians Auftreten machen.

Es dauert relativ lange, ehe Fifty Shades of Grey tatsächlich nackte Haut zeigt und ja, von Anastasia bekommt das Publikum relativ viel zu sehen. Die Szenen sind zwar nicht ansatzweise so prickelnd wie im Erotikthriller Basic Instinct [1992] dafür sieht man gelegentlich Fesselspiele und sogar ein paar Hiebe mit der Reitgerte. Das grundsätzliche Problem daran ist: Nichts davon ist in irgendeiner Weise packend.
Was immer erwachsene Menschen miteinander anstellen sei ihnen selbst überlassen, solange sie jeweils damit einverstanden sind und keiner in irgendeiner Weise körperlich oder geistig ausgebeutet wird. Irgendjemanden für seine/ihre Vorlieben zu verurteilen, halte ich für ebenso unangemessen wie heuchlerisch. Doch das Porträt, das Fifty Shades of Grey von Anastasia und Christian zeichnet ist so weit von einer gesunden Beziehung entfernt, dass man nur den Kopf schütteln kann. Weshalb mit E. L. James ausgerechnet eine Autorin das Bild einer naiven jungen Frau zeichnet, die sich dem Mann unterwirft, anstatt ihren eigenen Weg zu gehen, verstehe wer will. Doch ich schweife ab.

Regisseurin Sam Taylor-Johnson kleidet den Film zwar in auf Hochglanz polierte Bilder, die vor Product Placement nur so strotzen – den Soundtrack inbegriffen –, doch die beiden Hauptdarsteller entwickeln überhaupt keine Chemie miteinander. Jamie Dornans intensiver Blick in den ersten Minuten, die er zu sehen ist, weicht kurz danach völliger Ausstrahlungslosigkeit, so dass er selbst in den besseren Momenten nur wie eine farblose Kopie von Ryan Phillippes facettenreich verkörpertem Schnösel Sebastian in Eiskalte Engel [1999] wirkt.

Dass der Dreh sowohl für ihn, als auch für Hauptdarstellerin Dakota Johnson anstrengend war, sei unbestritten und gegen die lächerlichen Dialoge kommen sie auch kaum an. Doch das hilft leider nicht darüber hinweg, dass Fifty Shades of Grey weder als Liebesgeschichte überzeugt, noch einen interessanten Einblick auf die etwas ausgefalleneren sexuellen Vorlieben mancher Mitmenschen bietet. Der völlig fade Film hat außer dem Design nichts vorzuweisen.
Seit langem ist bekannt, dass E. L. James ihre Geschichte an sich als Fan-Fiction zu Stephenie Meyers Twilight-Reihe geschrieben hatte, ehe als eigene Story ausgegliedert wurde. Das Tragische daran ist, dass so vielen guten Fan-Projekten nicht einmal ansatzweise der Erfolg vergönnt ist.


Fazit:
Das emotionale Gefasel von Anastasia Steele klingt ebenso erzwungen wie Christian Greys wenig schmeichelhafte Beschreibungen dessen, was er Anastasia antun will. Aber während man hierüber zumindest noch lachen kann, fällt das schwer, wenn man das Bild einer so unterwürfigen, unentschlossenen Frau vor der Kamera sieht. Sie wirkt nie neugierig oder interessiert, sondern lediglich ergeben und schwach. Ist das ein erstrebenswertes Vorbild, das ein Film vermitteln sollte? Damit disqualifiziert sich Sam Taylor-Johnsons Film sogar als "guilty pleasure".
Neben den papierdünnen Charakteren gibt es ein paar "verruchte" Sexszenen zu sehen, bei denen man sich das Verruchte eher selbst hinzudenken muss. Wie zwischen den Darstellern schon nicht, springt der Funke hier aber nie über, sodass Fifty Shades of Grey am Ende viel zahmer daherkommt, als man erwarten würde. Vor allem aber ist all das quälend öde erzählt. Um es anders zu sagen: Wäre der Besuch in einem BDSM-Etablissement so langweilig wie die heißen Momente zwischen Anastasia und Christian, würde man als Kunde sein Geld zurückverlangen. Hier sollte man das ebenfalls.