X-Men: Zukunft ist Vergangenheit [2014]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. November 2014
Genre: Fantasy / Thriller / Action

Originaltitel: X-Men: Days of Future Past
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Bryan Singer
Musik: John Ottman
Darsteller: Hugh Jackman, James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Nicholas Hoult, Ian McKellen, Patrick Stewart, Evan Peters, Peter Dinklage, Josh Helman, Ellen Page, Halle Berry, Shawn Ashmore, Daniel Cudmore


Kurzinhalt:

In zehn Jahren haben die Mutanten den Krieg gegen die von den Menschen gebauten Sentinel-Robotern fast verloren. Mit ihnen all diejenigen Menschen, die den Mutanten geholfen haben. Zusammen mit Magneto (Ian McKellen), Wolverine (Hugh Jackman) und Kitty Pryde (Ellen Page) hat sich Professor X (Patrick Stewart) einen letzten Zufluchtsort gesucht. Ihre einzige Möglichkeit ist es, Wolverine/Logan in die Vergangenheit zu schicken, um zu verhindern, dass der Krieg überhaupt erst beginnt.
Dreh- und Angelpunkt der Sentinels ist Dr. Trask (Peter Dinklage), der 1973 von Mystique (Jennifer Lawrence) ermordet wurde. Daraufhin wurde sein Sentinel-Programm von Präsident Nixon (Mark Camacho) bewilligt. In der Vergangenheit angekommen, braucht Logan nicht nur Charles Xavier (James McAvoy), um Mystique zu finden, sondern auch den jungen Magneto (Michael Fassbender), der in einem Hochsicherheitsgefängnis festgehalten wird. Nur gemeinsam kann es gelingen, Trask – und Mystique – zu stoppen, doch was immer sie versuchen, sie scheinen die Zukunft nur noch schlimmer zu machen ...


Kritik:
Es scheint lange her, dass Bryan Singer mit X-Men [2000] das Genre der erwachsenen Comicfilme neu belebte. Sein X-Men: Zukunft ist Vergangenheit, der inzwischen fünfte Teil der Reihe, beginnt zehn Jahre in der Zukunft und springt dann vierzig Jahre in unsere Vergangenheit. Dabei erzählt er eine Geschichte, die zu keiner Zeit wirklich Sinn ergibt und macht zum Schluss alle Charakterentwicklungen zunichte, die es bislang gab. Fans der ersten drei Filme werden sich wünschen, das nie gesehen zu haben.

Das liegt auch daran, dass Zukunft ist Vergangenheit nicht nur der Teil der Reihe ist, in dem die Spezialeffekte einem ständig ins Auge springen, sondern Singer visuell insgesamt nicht überzeugt. Ruckelnde Zeitlupen, ein ständiger Weichzeichner, der die 1970er Jahre widerspiegeln soll, und der offensichtliche Einsatz einer Digitalkamera, die in Bewegungen Schlieren erzeugt, als würde man sich ein Urlaubsvideo von vor 10 Jahren ansehen sind nur einige Beispiele dazu. Einzig eine Sequenz in extremer Zeitlupe mit dem Mutant Quicksilver kann durchweg überzeugen, auch wenn sie beinahe das einzige Highlight bleibt.

Die Geschichte bringt uns mit den übrig gebliebenen X-Men Professor Xavier und Wolverine zusammen, die von anpassungsfähigen Robotern, Sentinels genannt, gejagt und getötet werden. In der Zukunft sind die Mutanten beinahe Geschichte und alle, die ihnen helfen, ebenso vom Aussterben bedroht. Die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass dieser Krieg gegen die Mutanten überhaupt erst beginnt scheint es, das Bewusstsein von Wolverine in sein Ich vor einem halben Jahrhundert zu versetzen. Damals hatte ein Attentat, durchgeführt von Mystique, dafür gesorgt, dass das Waffenprogramm der Sentinels vorangetrieben wurde. Als Logan in seinem früheren Körper aufwacht, ist es das Jahr 1973 mit allem, was dazu gehört. Auf die Farben, Technik, Mode und Musik stellt Zukunft ist Vergangenheit ebenso ab, wie auf den US-Präsidenten Nixon. dessen lückenhafte Tonbandaufnahmen erklärt werden. Hier verbergen sich so viele gute Ideen im Drehbuch, dass die störenden umso mehr auffallen.

Zu denen zählt, dass Logan den jüngeren Xavier, der in Mitleid und Drogenabhängigkeit versunken ist, erst überreden muss, die Zukunft zu retten (wie wäre das ausgegangen, wäre Wolverine nicht zurückgereist?). Die Szenen spielen sich so klischeehaft ab wie derselbe Ansatz bei dem jüngeren Magneto, der für das Jahrhundertverbrechen im Gefängnis sitzt. Dass er dann behauptet, es gar nicht verübt zu haben, ist ein weiteres Klischee und unterstreicht, wie wenig konsequent mit den Figuren umgegangen wird. Zuerst soll der Bösewicht nicht wirklich böse sein, später aber wieder doch und am Ende sogar die Menschheit versklaven wollen und selbst dem Diktator gleich die Macht an sich reißen, der ihm seine Familie während des Zweiten Weltkriegs genommen hat. Wie sie hier vorgestellt werden passen weder Mystique, noch Magneto oder Xavier zu den Figuren der ersten drei X-Men-Filme oder zu X-Men: Erste Entscheidung [2011]. Wie sie sich dazu entwickeln sollen, ist ein Rätsel.

Während der Film im Mittelteil zu lange braucht, um eine Richtung zu finden, steuert das Finale auf zwei Ebenen zu, von denen eine schon ab der ersten Minute absehbar ist. Selbst der Verlauf ist vorhersehbar und nicht es überrascht schließlich nicht, dass der Kampf auf Leben und Tod der X-Men mit offensichtlich computergenerierten Sentinels in aufdringlich künstlichen Sets nicht mitreißt.
Die künstlerische Entscheidung, alles zu widerrufen, was die Figuren in den bisherigen Teilen durchgemacht haben, ist sowohl ein Schlag ins Gesicht der Fans, gleichzeitig auch der billigste Weg, sich aus der Affäre einer ausweglosen Story zu ziehen. Daran ändert auch der obligatorische Teaser auf den nächsten Mutanten-Film nach dem Abspann nichts.


Fazit:
Es gibt Vieles, was einem an Zukunft ist Vergangenheit als Kenner der Reihe ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Auch das Flair der 70er-Jahre könnte gefallen und der Produktionsaufwand ist sichtbar. Doch was Regisseur Bryan Singer daraus macht, sind lange zwei Stunden, die inhaltlich arg konstruiert erscheinen und in sich zusammenfallen, wenn man darüber nachdenkt. Dass der Film einem Zeit dafür lässt, ist ein weiterer Schwachpunkt.
Schwerwiegender ist allerdings, dass sich die Figuren derart abstrus verhalten, dass man wegsehen möchte, um alles was an den vorigen Filmen gut war, nicht kaputt zu machen. Vom Aufbau über die Optik oder die nicht mitreißende Musik ist das schlichtweg der belangloseste Teil der Reihe. X-Men hat seinerzeit dem Genre neue Impulse gegeben. Umso tragischer, dass sich X-Men: Zukunft ist Vergangenheit wie ein x-beliebiger Comicfilm anfühlt. Er ist trotzdem besser als viele andere, aber nicht besonders genug.