The Messenger - Die letzte Nachricht [2009]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. Juli 2013
Genre: Drama

Originaltitel: The Messenger
Laufzeit: 113 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Oren Moverman
Musik: Nathan Larson
Darsteller: Ben Foster, Woody Harrelson, Samantha Morton, Jena Malone, Steve Buscemi, Eamonn Walker, Jahmir Duran-Abreau, Yaya Alafia, Portia, Lisa Joyce, Peter Francis James, Paul Diomede, Halley Feiffer, Lindsay Michelle Nader, Merritt Wever


Kurzinhalt:
Zurück in der Heimat, ist für Staff Sergeant Will Montgomery (Ben Foster) nichts, wie es war. Nicht nur, dass die Wunden, die er im Irak-Krieg erlitten hat, ihn auf Schritt und Tritt verfolgen, seine Freundin Kelly (Jena Malone) ist inzwischen mit jemand anderem zusammen und von Colonel Dorsett (Eamonn Walker) erhält er für die drei verbleibenden Monate seiner Dienstzeit eine neue Aufgabe. Er soll Captain Tony Stone (Woody Harrelson) unterstützen, der für die Benachrichtigung der Hinterbliebenen verantwortlich ist, wenn die Soldaten im Krieg gefallen sind.
Eine solche Nachricht überbringen sie Olivia Pitterson (Samantha Morton), in die sich Will verliebt. So arrangiert er es, dass sie sich begegnen und es scheint beinahe, als würde auch sie etwas für ihn empfinden. Aber abgesehen davon, dass eine solche Beziehung nicht sein kann, hat Will nicht einmal sein eigenes Leben im Griff ...


Kritik:
Was dem verwundet heimgekehrten, aber hoch dekorierten Soldaten Will Montgomery von seinem Vorgesetzten übertragen wird, möchte man sich kaum vorstellen. Nach den Schrecken des Irak-Krieges soll er die letzten drei Monate seiner Dienstzeit den ranghöheren Captain Tony Stone begleiten, der Angehörigen die Nachricht überbringt, dass ihre geliebten Menschen im Einsatz gestorben sind. Wie irgendjemand eine solche Bürde ertragen kann, ist unvorstellbar. The Messenger - Die letzte Nachricht zeichnet ein eindringliches Portrait derer, die aus dem Krieg zurückkommen und ihrer Familien, die darunter ebenso leiden. Das ist schwierig und unangenehm, aber für starke Nerven sehr sehenswert.

Als Will von Tony zu seinem ersten Einsatz mitgenommen wird, glaubt man, einen Eindruck dafür zu bekommen, wie eine solche Benachrichtigung im besten Fall – wobei allein diese Formulierung unpassend erscheint – vonstattengehen kann. Doch so etwas wie eine Routine gibt es nicht. Keine Familie ist wie die andere und keine zwei Reaktionen gleich. Sieht man die beiden Soldaten in eine Militär-Wohnsiedlung vorfahren, hören die Kinder und Mütter auf dem Platz zu spielen auf. Sie alle wissen, was die zu Uniformierten zu bedeuten haben. Eine von ihnen hat es getroffen, sie wird ihren Ehemann, den Vater ihrer Kinder verlieren. Nur wer?
Es sind Momente wie diese, die einem einen Schauer über den Rücken jagen. Regisseur Oren Moverman nutzt für das schier unbegreifliche Thema eine besonnene Umsetzung und greift bei der Übermittlung der Nachrichten stets auf eine bewegte Handkamera mit langen Einstellungen zurück. Es verleiht den Situationen einen dokumentarischen Eindruck, was das Zusehen nur noch schwieriger macht.

Als Will und Tony Olivia Pitterson aufsuchen, scheint diese gefasst. Oder so schockiert, dass sie vor den Augen ihres Sohnes nicht zusammenbrechen kann. Weshalb dem so ist, erfährt man in einer der ergreifendsten, ruhigen Dialoge gegen Ende des Films. Von ihrer ersten Begegnung an, verliebt sich Will in Olivia. Auch wenn es nicht sein darf, auch wenn er mit seiner neu gewonnenen Normalität noch nicht einmal umgehen kann. Wie auch, wenn was er im Krieg erlebt hat, ihn verfolgt, sobald er die Augen schließt oder in den Spiegel sieht. Er sucht Olivia auf, begegnet ihr im Einkaufszentrum. Und es scheint, als kämen sie sich näher. Welchen Ruf sie in ihrer Nachbarschaft bekommt, als man sieht, dass ein Soldat sie häufig besucht, kaum dass ihr Mann im Krieg gefallen ist, kann sich jeder vorstellen.
The Messenger erzählt Wills Geschichte, wie er versucht, mit seiner neuen Aufgabe, seinem Leben zurecht zu kommen. Seine ehemalige Freundin Kelly wird heiraten und beobachtet er in einer Bar, wie ein anderer Heimkehrer vor seinen Freunden von seinen Erlebnissen erzählt, braucht er das anschließende Gespräch zwischen ihm und seiner Frau nicht mithören, um zu verstehen, worum es geht: Seit er zurückgekehrt ist, ist er nicht mehr derselbe. Als wären die Männer und Frauen, die in den Krieg gezogen sind, dort alle zurückgeblieben.

Diese Aussage des einfühlsamen Dramas ist nicht neu, wir haben sie insbesondere in den letzten Jahren oft gesehen, wenn Filmemacher versuchen, die Auswirkungen des Kampfeinsatzes auf die Soldaten festzuhalten. Aber das macht sie nicht weniger wichtig. Wir begleiten Will bei seinen Einsätzen, in denen er von den Hinterbliebenen beleidigt, angeschrien, angespuckt oder sogar angegriffen wird. Wer kann es ihnen nicht nachvollziehen.
Tony wahrt seine Distanz, indem er sich an die Ausführungen des Handbuches hält. Dass es hierfür überhaupt Protokolle gibt, die eingehalten werden sollen, ist schon erschreckend genug. Es macht ihn nicht zu einem schlechten Menschen, vielleicht ist es der einzige Weg, wie man eine solche Tätigkeit über längere Zeit ertragen kann. Der Film wirft auch einen Blick hinter Tonys Werdegang und es gibt viele Szenen, in denen es einem als Zuschauer unwohl wird. Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit, das Publikum auf die vielen Auswirkungen des Krieges aufmerksam zu machen.


Fazit:
Es muss Will bewusst sein, was er in Olivia auslöst, wenn er ihre Nähe sucht. Ganz zu schweigen, wenn er seine Ex-Freundin Kelly bloßstellt. Dass seine Geschichte dennoch interessiert liegt an der Darbietung von Ben Foster, die so lebensnah und packend ist, dass einem die Worte fehlen. Auch Woody Harrelson brilliert in einem schwierigen Part, von Samantha Morton ganz zu schweigen. Die beeindruckende Besetzung wird unter anderem durch Steve Buscemi veredelt.
The Messenger - Die letzte Nachricht ist in vielen Situationen aufwühlend und schon deshalb an ein erwachsenes Publikum gerichtet. Es mag sein, dass die Aussage des Films bereits in anderen Werken getroffen wurde. Aber es schmälert weder deren Wichtigkeit, noch die Wucht, mit der einen bestimmte Momente hier treffen. Filmemacher Oren Moverman wirft einen Blick in den Alltag der Kriegsheimkehrer und derjenigen Angehörigen, die bei jedem Klingeln oder Klopfen mit Angst die Türe öffnen, weil sie fürchten, dass zwei Uniformierte eine Mitteilung überbringen, auf die man sich nicht vorbereiten kann.