Der Mann mit dem goldenen Colt [1974]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 15. Juli 2013
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: The Man with the Golden Gun
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1973
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Guy Hamilton
Musik: John Barry
Darsteller: Roger Moore, Christopher Lee, Britt Ekland, Maud Adams, Hervé Villechaize, Clifton James, Richard Loo, Soon-Tek Oh, Marc Lawrence, Bernard Lee, Lois Maxwell, Desmond Llewelyn, Marne Maitland


Kurzinhalt:
Der Attentäter Francisco Scaramanga (Christopher Lee) hat ein unverkennbares Markenzeichen: Seine Kugeln sind ebenso wie seine Pistole aus Gold, der Preis für einen Auftragsmord eine Million Dollar. Inmitten der Energiekrise wird der britische Geheimagent James Bond (Roger Moore) von M (Bernard Lee) von seinem aktuellen Auftrag abgezogen, obwohl ein untergetauchter Wissenschaftler immer noch nicht gefunden wurde. Er besitzt den Schlüssel für eine so effiziente Solar-Technologie, dass damit die Energieschwierigkeiten gelöst werden könnten. Doch nachdem M eine goldene Kugel mit 007s Nummer darauf eingraviert erhalten hat, wertet man das als Warnung von Scaramanga.
Anstatt unterzutauchen ergreift Bond die Offensive und macht sich mit Qs (Desmond Llewelyn) Hilfe auf, den unbekannten Aufenthaltsort Scaramangas herauszufinden. Da er offensichtlich aktuell im Dienst des Industriebarons Hai Fat (Richard Loo) steht, macht sich Bond auf nach Fernost. Dort wird ihm die Agentin Goodnight (Britt Ekland) zur Seite gestellt, aber er trifft auch auf Andrea Anders (Maud Adams), eine Vertraute Scaramangas, die eigene Pläne verfolgt ...


Kritik:
Es kommt nicht oft vor, dass James Bond auf einen Gegner trifft, dessen Ziel nicht die Weltherrschaft ist. Insofern ist der vom KGB ausgebildete, freischaffende Francisco Scaramanga bereits eine Ausnahme. Blickt man nach beinahe 40 Jahren auf Der Mann mit dem goldenen Colt zurück, ist er besser als sein Ruf – auch wenn der deutsche Titel immer noch falsch ist, immerhin benutzt Scaramanga keinen Colt als Waffe. Dass Roger Moore dafür kritisiert wurde, die Rolle zu sehr an Sean Connery anzugleichen, ist nicht überraschend, aber es ist nicht sein kantiges Agentenimage, das dem Film schadet, sondern der Humor im Mittelteil.

Dabei räumen die Produzenten Bonds Widersacher erstaunlich viel Zeit ein und zeigen den britischen Spion nur reagierend, aber nicht agierend. Dies beginnt damit, dass dem British Secret Service eine goldene Kugel, auf der Bonds Nummer eingraviert ist, zugespielt wird. Sie stammt offensichtlich von Scaramanga, dessen Rufname auf den Mann mit dem goldenen Colt lautet. Der Attentäter kassiert pro Auftrag eine Million Dollar und tötet mit goldenen Kugeln. Wie es scheint hat er Bond im Visier – doch wer ist der Auftraggeber?
Nachforschungen führen Bond von Macao über Hong Kong bis nach Bangkok. Das Flair der verschiedenen Länder und Kulturen fangen die Bilder gekonnt ein und führen von einer aufwändigen Actionszene zur nächsten. Dabei geht die zweite Story beinahe unter, die sich um einen Wissenschaftler dreht, der die britische Energiekrise lösen könnte. Bonds Vorgesetzter M meint in einem Gespräch, dass ihm sehr wohl bekannt ist, dass die fossilen Brennstoffe nicht mehr lange halten werden, dass der Atomstrom zu riskant sei und man auf andere Energiequellen umsteigen müsse. Das entwickelte, aber gestohlene Solex, ein Kernelement einer Technik, die Sonnenstrahlen direkt in Energie umwandeln kann, könnte hierfür ein Schlüssel sein. Anstatt den Kalten Krieg ins Visier zu nehmen, widmet sich das Drehbuch umweltpolitischen Themen – etwas, das in der Reihe die kommenden 30 Jahre nicht mehr geschehen wird. Dass die Schlagzeilen heute wie damals lauten, sollte uns allerdings zu denken geben.

Während Bond auf der Suche nach Verbindungen zu Scaramanga ist, dessen Aufenthaltsort ein gut gehütetes Geheimnis darstellt, gerät der vorgenannte Storyaspekt beinahe in Vergessenheit, wird für das Finale allerdings wieder aktuell. Neben den beiden Frauen Goodnight und Andrea, die ihm erfreulicherweise mehr entgegensetzen, als einen verführerischen Augenaufschlag, trifft der Geheimagent außerdem auf Scaramangas rechte Hand Nick Nack, der am Ende noch eine Überraschung bereithält.
Neben einem Gastauftritt von Sheriff Pepper hält ein weiteres Merkmal der Reihe mit Der Mann mit dem goldenen Colt Einzug. Fortan endet beinahe jeder Film mit Roger Moore in der Titelrolle mit einem gescheiterten Versuch Ms, mit Bond Kontakt aufzunehmen.

Es finden sich erneut haarsträubende und beeindruckende Stunts, die selbst nach so vielen Jahren mühelos den Test der Zeit bestehen. Die ernsten Momente, in denen Bond sämtliche Mittel einsetzt, um sein Ziel zu erreichen, zählen zu den besseren des Films. Interessanterweise ist ein humorvolles Highlight der kurze Zweikampf, den er wortlos mit einem Karate-Schüler führt – und die Reaktion seines nächsten Gegners, während Peppers Kommentare bei einer Autoverfolgungsjagd später den Erzählfluss eher stören. Statt einer ganzen Armee an Helfershelfern, sieht sich der Agent am Ende nur einem Mann gegenüber. Es ist eine ungewöhnliche Situation mit einem Finale, das durchaus spannend ausfällt. Allerdings, auch wenn es durchaus Bilder gibt, die beeindrucken, hätte man sich vom Aufeinandertreffen Bonds mit dem legendären Christopher Lee mehr erwartet.

Finanziell blieb Der Mann mit dem goldenen Colt weit hinter den Erwartungen zurück und wäre beinahe der letzte Film der Reihe gewesen, verzögerte aber zumindest den kommenden Teil. Dabei gibt es sicher Vieles, was man hätte besser machen können, aber selbst aus heutiger Sicht besticht der neunte Film der Reihe mit einfallsreichen Stunts, tollen Schauplätzen und einem hohen Unterhaltungswert, der die Laufzeit mühelos vergessen lässt.


Fazit:
Man erwartet nicht zuletzt an der Mode, den Look der 1970er Jahre erkennen zu können. Aber nicht nur die, sondern sogar die Frisuren erscheinen erstaunlich zeitlos. Bereits im Teaser konzentrieren sich die Filmemacher ausschließlich auf den Bösewicht, dem auch im Lauf des Films viel Zeit eingeräumt wird. Doch selbst wenn Christopher Lee charismatisch wie eh und je spielt, die Figur des Scaramanga ist am Ende nicht so Furcht einflößend wie gehofft und das Zusammentreffen mit Bond nicht explosiv genug. Dennoch ist das Finale spannend, auch dank der Musik von John Barry.
In der Rolle des Geheimagenten fühlt sich Roger Moore sichtlich wohl und es sollte auch nicht kritisiert werden, dass er Bond ebenso zynisch wie skrupellos zielorientiert mimt. Eigentlich passen diese Züge besser zur Rolle, als der betonte Humor im Mittelteil. So ist Der Mann mit dem goldenen Colt ein durchweg kurzweiliges Actionabenteuer vor toller Kulisse, aus dem man zwar mehr hätte machen können, das die Konkurrenz aber mühelos auf die Plätze verweist.